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Bundesliga: Magath: Den Titel zur Ablenkung

Felix Magath spricht erstmals von der Meisterschaft. Vier Spiele vor Saisonende lässt es sich ja auch nicht mehr ausschließen, dass der VfL Ende des Monats Meister ist. Den Trainer der Wolfsburger zieht es offenbar trotzdem zu den Schalkern.

Es ist immer noch ziemlich einfach, in Wolfsburg öffentliches Aufsehen zu erregen. Samstagmittag, kurz vor zwei, Wolfsburg Hauptbahnhof: An der Unterführung zu den Gleisen stehen vier Kinder-Punks mit bunten Haaren und grünweißem VfL- Schal um den Hals und warten neugierig, was passiert. Durch den Tunnel dröhnt Gesang, laut und mächtig: „Wir sind alle Hoffenheimer Jungs!“ Kurz darauf kommen die Hoffenheimer Jungs die Treppen hoch. Sie sind zu dritt.

Wenn der VfL die TSG empfängt, treffen die beiden Neureichen der Fußball- Bundesliga aufeinander. Der Alte Adel blickt immer noch verächtlich auf die Emporkömmlinge, doch nie zuvor mussten die Traditionalisten so sehr leiden wie in dieser Saison, in der Hoffenheim die Hinrunde dominierte und Wolfsburg die Rückrunde. Eine Woche nach der Niederlage in Cottbus hat der VfL mit dem 4:0 gegen Hoffenheim die Tabellenführung behauptet, und vier Spiele vor Saisonende lässt es sich nicht mehr ausschließen, dass der VfL Ende des Monats zumindest in den niederen Adel erhoben werden wird: VfL von Wolfsburg, Edler der Bundesliga, Meister von Deutschland.

Felix Magath, den Trainer des VfL, zieht es trotzdem zum Hochadel, zum historischen Geschlecht der Schalker. Bestätigen will er seinen Wechsel immer noch nicht. „Für mich ist das nach wie vor ein Gerücht“, sagte Magath. Doch weil ihm die Diskussion um seine Zukunft längst entglitten ist, hat er am Samstag ein wirkungsvolles Ablenkungsmanöver gestartet. Nachdem sich Magath stets gegen jegliche Titelambition gewehrt hatte, bekannte er sich erstmals zur Meisterschaft. „Warum soll der Meister nicht VfL Wolfsburg heißen?“, fragte er. „Alle müssen warten, dass wir ausrutschen, sonst kommt keiner an uns vorbei.“

Magath hatte sich schon vor dem Spiel entsprechend geäußert, doch weil er als Trainermanagergeschäftsführer Strategiewechsel nur mit sich abstimmen muss, wussten seine Spieler auch nach dem Abpfiff nichts von der neuen Linie. Das führte zu der paradoxen Situation, dass sie immer noch an der alten Sprachregelung festhielten, als längst eine neue galt. „Wir denken nur von Spiel zu Spiel“, sagte Edin Dzeko, der den VfL innerhalb von nur 13 Minuten mit 3:0 in Führung geschossen hatte. Als er von Magaths Sinneswandel in Kenntnis gesetzt wurde, erwiderte Dzeko: „Ach, hat er das gesagt?“

Da Felix Magath eine zurückhaltende Kommunikation mit seiner Mannschaft pflegt, wurde auch das Thema Schalke nicht besonders ausufernd erörtert. Er habe die Mannschaft am Donnerstag vor dem Training kurz aufgeklärt, „damit war das Thema erledigt“. Aufgeklärt heißt nicht, dass Magath den Spielern mitteilte, für welchen Klub er nächste Saison arbeiten wird. „Wir wissen nicht, ob er bleibt oder geht“, berichtete Stürmer Grafite. „Es kann aber auch sein, dass er es gesagt hat, und ich habe es nicht verstanden.“ Sein Sturmkollege Dzeko wertete das Aufkommen der Spekulationen um Magath als Versuch, „ein bisschen Unruhe hier reinzubringen“.

In der Tat begannen die Wolfsburger gegen Hoffenheim ein bisschen nervös, und ein etwas gefestigterer Gegner hätte die Unsicherheit wohl ausnutzen können, zumindest wäre er nicht derartig abgefertigt worden wie die TSG. Am Ende aber, mit vier Toren in den letzten 25 Minuten, fand der VfL zurück in den Rausch, und diesen Zustand will er jetzt noch drei Wochen konservieren. Das entsprechende Saisonziel hat Magath ja inzwischen ausgegeben. „Die Situation hat sich geändert“, erklärte er. Wie die Bayern, der vermeintlich stärkste Titelkonkurrent, habe auch der VfL noch je zwei Heim- und Auswärtsspiele zu bestreiten. „Wir haben sehr gute Aussichten“, sagte Magath. „Wir haben uns in Cottbus unsere Niederlage abgeholt. Jetzt können wir die restlichen Spiele wieder gewinnen.“ Auch eine seltsame Logik ist eine Logik.

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