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Champions-League-Finale: Barcelona gegen Manchester: Klugheit siegt

Der Triumph des FC Barcelona über Manchester United im Finale der Champions League ist ein Erfolg des Geistes über den Körper.

Pünktlich auf die Sekunde meldete sich die Masse noch einmal zu Wort. Der FC Barcelona führte 2:0, das Finale der Champions League war entschieden, doch als die letzte Minute anbrach, erhob sich der mächtige Chor. „We love United, we do“, sangen die Fans aus Manchester. Es war eine Art Selbstvergewisserung in schwerer Stunde; es war aber auch eine Botschaft an den Rest der Welt: Hallo, wir sind auch noch da! Mehr als eine Nebenrolle war Manchester United in Rom nicht beschieden gewesen. Der Glanz gebührte dem FC Barcelona. „Barca war fantastisch“, sagte Alex Ferguson, Uniteds schottischer Trainer. „Ich kenne kaum eine Mannschaft, gegen die es schwieriger ist zu spielen.“

Dem hohen Schwierigkeitsgrad war Manchester an diesem Abend nicht gewachsen. Nur knapp zehn Minuten bestimmte United mit Wucht das Spiel, dann brachte Samuel Eto’o Barcelona mit dem ersten Angriff in Führung. Mit dem 1:0 war das Finale der Träume, der Kampf der Giganten, im Grunde schon entschieden – nicht weil Manchester aus dem Konzept geriet; sondern weil Manchester keine Antwort mehr hatte auf Barcelonas Konzept. „Wenn sie einmal vorne liegen, behaupten sie den Ball sehr gut“, sagte Ryan Giggs. „Dann können sie einen richtig alt aussehen lassen.“ Giggs ist 35, er ist richtig alt, aber so alt wie am Mittwoch hat er sich vermutlich noch nie gefühlt. Der Waliser wirkte im Mittelfeld so hilflos und verloren wie ein Rollstuhlfahrer im Kreisverkehr um den Pariser Triumphbogen.

Barcas glücklicher Erfolg im Halbfinale gegen Chelsea hatte Zweifel aufkommen lassen, ob die Mannschaft der physischen Stärke Manchesters würde standhalten können. Sie konnte – weil sie sich nicht auf ein körperliches Kräftemessen einließ, sondern die eigenen Stärken ausspielte. Barcelonas Sieg war ein Erfolg der Klugheit. Der Geist triumphierte über den Körper. Nichts illustrierte das besser als das Tor zum 2:0-Endstand. Nach einer präzisen Flanke von Xavi stahl sich der 1,69 Meter große Lionel Messi aus der Bewachung des 20 Zentimeter größeren Rio Ferdinand und lupfte den Ball per Kopf über den 1,98 Meter großen Torhüter Edwin van der Sar. Ein Kopfballtor! Von Messi! Gegen Manchesters Riesen!

„Wir sind keine körperlich besonders große Mannschaft, aber wir haben gegen die beste Mannschaft der Welt gut verteidigt und gut attackiert“, sagte Barcelonas Trainer Pep Guardiola. Sein Team kam in 90 Minuten mit sieben Fouls aus – und geriet trotzdem nie ernsthaft in Gefahr. Ein Sieg der besseren Taktik? „Ich weiß nicht“, sagte Barcas Stürmer Thierry Henry. „Es ist einfach unsere Passion, zu spielen und den Ball laufen zu lassen.“ Auf diese Weise beherrschten die Katalanen das Mittelfeld, und auf diese Weise beherrschten sie Manchester. „Wenn sie den Ball hatten, dauerte es oft Minuten, bis wir ihn wieder erobert hatten“, sagte Alex Ferguson, „und dann konnten wir nichts mit ihm anfangen.“

Xavi und Andres Iniesta führten im Mittelfeld ein ebenso unaufdringliches wie unwiderstehliches Regiment. Iniesta ist inzwischen so oft als der am meisten unterschätzte und unauffälligste Weltklassespieler beschrieben worden, dass er eines ganz sicher nicht mehr ist: ein unterschätzter und unauffälliger Weltklassespieler. „Iniesta ist für mich der beste Spieler der Welt“, sagte Wayne Rooney ungefragt. „Er ist brillant.“ Der kleine Spanier steht für all das, was Barca auszeichnet: Er ist auf dem Platz klug und präzise wie ein Atomphysiker – und auf eine gewisse Weise doch verspielt und wagemutig. Mit seinem unmöglichen Tor gegen Chelsea brachte er Barcelona ins Finale, mit seinem Pass auf Eto’o leitete er das 1:0 und damit Barcas dritten Erfolg im europäischen Meisterpokal ein. Die Mannschaft steht nun in einer Reihe mit den Dream-Teams I (1992) und II (2006). „Wir sind nicht die beste Mannschaft in der Barca-Geschichte, aber wir haben die beste Saison gespielt“, sagte Guardiola, der 1992 als Spieler dabei war und nun als Trainer das reiche Erbe gemehrt hat. „All seine Spieler wollen spielen, den Ball halten und ihren Fußball einfach genießen“, sagte Ferguson über den fast 30 Jahre jüngeren Kollegen, „dafür gebührt ihm großes Lob.“

Nie zuvor hat ein Klub aus Spanien das Triple aus Meisterschaft, nationalem Pokal und Europacup gewonnen. „Wir haben drei Titel geholt, aber es geht vor allem darum, wie wir sie gewonnen haben“, sagte Guardiola. Mit Mut. Mit Geist. Mit Schönheit. Der Erfolg über Manchester war für Barca im 61. Pflichtspiel dieser Saison der 42. Sieg.

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