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Sport: Charmantes Schauspiel

Die Eisbären schwanken nach dem Ausgleich der Freezers im Play-off-Viertelfinale zwischen Frust und Selbstbewusstsein

Hamburg. Natürlich war die Hamburger Halle am Donnerstag proppevoll. Und natürlich wurden die Hamburg Freezers von 13 000 Zuschauern mit viel Charme unterstützt und der Erfolg gegen die favorisierten Eisbären mit einer Selbstverständlichkeit und Naivität gefeiert, wie es das in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) nur beim Klassenneuling aus der Hansestadt gibt. Da debattierte die freundliche Brezelverkäuferin bei ihrem mindestens zehnten Arbeitseinsatz bei einem DEL-Spiel mit einem Kunden, ob denn beim Eishockey fliegend gewechselt werden darf oder nicht. Und ein paar Plätze weiter wurde nach dem 6:5-Erfolg der Freezers nach Penaltyschießen darüber diskutiert, ob Hamburg nun einen „normalen“ Sieg in der Viertelfinalserie gegen Berlin zugesprochen bekommt. „Oder gibt es jetzt zwei Punkte?“, fragte sich ein Zuschauer. Fast richtig: Nachdem die Berliner das erste Spiel 5:2 gewonnen hatten, steht es nun 1:1 in der nach dem Modus „Best of seven“ gespielten Serie zwischen Eisbären und Freezers.

Die sympathische Naivität einiger Hamburger Fans bei ihrem ersten Play-off-Spiel wollte so gar nicht mit den Ausführungen des Herrn korrespondieren, der am späten Donnerstagabend an einer kalkweißen Wand in einer der endlos anmutenden Gänge der riesigen Halle lehnte und aufgeregt vor sich hin philosophierte. Die Umstehenden wussten, dass Pierre Pagé von seiner Profession her Eishockeylehrer ist. Sonst hätte man vermuten können, dass sich der Eisbären-Trainer für eine Bürgerrechtsbewegung engagiert. Mit ernster Miene sprach Pagé von „Protesten“, forderte „ein kollektives Aufstehen gegen die Ungerechtigkeit“ und meinte damit doch nur die seiner Meinung nach fragwürdigen Entscheidungen von Schiedsrichter Harald Deubert. Pagés Kommentare wirkten ein wenig abenteuerlich und waren wohl in dem kurz zuvor beendeten Spiel begründet, das in den Berlinern einen unglücklichen Verlierer gefunden hatte. Und trotzdem: Die Partie von Hamburg war ein Erlebnis. Die kämpfenden Freezers gegen die durchdachter agierenden Berliner – das war eine unterhaltsame und mit insgesamt zehn Treffern vor dem Penaltyschießen torreiche Kombination. Dass sich die Berliner im abschließenden Duell Spieler mit Torwart – wie so häufig zuletzt - hilflos präsentierten, war bedauernswert. Auch wenn es die fantastische Kulisse in der Arena mit großem Gejohle kommentierte.

Nachdem die Freezers gerade ihre Extrakringel auf dem Eis beendet hatten, marschierte die geschlagene Berliner Kolonie schon zum Mannschaftsbus. „Ein Spiel können die ruhig gewinnen, vier Spiele schlagen die uns sowieso nicht“, sagte John Gruden. Allerdings, eine Kleinigkeit hatte den Eisbären-Kapitän doch gestört. „Natürlich haben wir die besten Fans der Liga“, sagte der US-Amerikaner. Na klar, das sagen sie bei den Eisbären immer. Aber mal im Ernst: War das am Donnerstag vor 13 000 Zuschauern nicht ein wenig berauschender als jenes Schauspiel am Tag zuvor, das nur knapp 7000 Fans in der nicht ausverkauften Deutschlandhalle verfolgt hatten? „Nun gut, das ist hier in Hamburg schon etwas Besonderes“, sagte Gruden. „Aber man hat mir gesagt, dass die Deutschlandhalle Sonntag ausverkauft sein soll. Allerdings hatte man mir das auch schon für das Spiel am vergangenen Mittwoch versprochen.“

Es wäre Gruden und Kollegen zu gönnen, dass die Prognose der Marketingabteilung der Eisbären diesmal zutrifft, in der Deutschlandhalle beim dritten Play-off-Spiel der Eisbären eine ähnlich stimmungsvolle Kulisse herrscht wie in Hamburg. Denn der Unterhaltungsfaktor der Serie zwischen Eisbären und Freezers war bisher erstaunlich hoch.

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