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Der "natürliche Anführer" Christian Ehrhoff hat sein Minimalziel Klassenerhalt mit der deutschen Mannschaft bereits geschafft.

© dpa

Christian Ehrhoff: Der Dauerläufer

NHL-Star Christian Ehrhoff steht bei der WM länger auf dem Eis als jeder andere Spieler. Die deutsche Eishockeynationalmannschaft profitiert davon, dass ihr Kapitän die NHL-Playoffs verpasst hat - und auf dem Zenit seiner Leistungsfähigkeit steht.

Die junge Dame aus Russland hat sich für ihr Interview nach dem WM-Spiel der deutschen Eishockeynationalmannschaft gegen Österreich wieder adrett zurechtgemacht. Eine rote Schleife im Haar, dazu farblich abgestimmte Stilettos, deren hohe Absätze so gar nicht in die rauen Katakomben der größten Eishockey-Arena von Helsinki passen. Als aber der einzige Spieler, der sie wirklich interessiert, um die Ecke biegt, strahlt sie und zückt ihr Diktiergerät.

Christian Ehrhoff kennt das schon. Nach jedem Spiel der Deutschen wartet sie auf den Kapitän und interviewt ihn über sein Leben in den USA, seinen Verein in der nordamerikanischen Liga NHL, die Buffalo Sabres, seine Familie und, natürlich, die WM in Finnland. Der 1,89 Meter große Hüne wischt sich hin und wieder über sein schweißnasses Gesicht, beantwortet aber geduldig all ihre Fragen, bis auch er als letzter Spieler endlich in die Kabine darf. Der gebürtige Westfale ist in Helsinki der meistgefragte Mann unter den deutschen Profis. Und Ehrhoff weiß, was sich gehört. Er spricht von der „Ehre, für mein Land zu spielen“ und von seinem „Kindheitstraum, Deutschland als Kapitän aufs Eis zu führen“. Der Blondschopf meint es aber auch so.

Als sein Klub in dieser Saison die Playoffs verpasst, steht für ihn außer Frage, dass er zur WM fahren wird. „Ich kann doch nicht das deutsche Eishockey kritisieren und dann während der WM Urlaub machen“, sagt er. „So denkt ein natürlicher Anführer“, lautet der Kommentar von Bundestrainer Pat Cortina zu seinem Star, den er für dieses Turnier zum Kapitän gemacht hat. Die Leistungen geben ihm recht. Ehrhoff erfüllt ein riesiges Pensum, ist von allen Feldspielern bei dieser WM der Mann mit den längsten Einsatzzeiten. Über 29 Spielminuten steht der Verteidiger im Schnitt auf dem Eis, fast doppelt so lange wie die meisten anderen Spieler. „Das ist okay, dafür bin ich hier“, sagt Ehrhoff, der auch in der NHL meist 25 Minuten spielt. Und schließlich ist in den Nordamerika alles darauf ausgelegt, dass Spieler zu den Play-offs auf dem Zenit ihrer Leistungsfähigkeit stehen. Dass der 30-Jährige nun mit diesem Niveau die Deutschen stärker macht, ist unübersehbar.

Drei Spiele haben die Deutschen gut gespielt, aber nur einen Punkt geholt. Gegen Österreich haben sie am Mittwoch eher weniger brilliert, aber 2:0 gewonnen. Ehrhoff sagt: „Ich bin hergekommen, um die Klasse zu halten und um das Viertelfinale mitzukämpfen.“ Das Minimalziel ist fast erreicht – wenn die Deutschen am Sonnabend gegen Lettland (19.15, Live auf Sport1) gewinnen jedenfalls. Für das Erreichen der K.-o.-Runde müsste Deutschland wohl zwei der drei letzten Gruppenspiele gewinnen – am Sonntag geht es noch gegen die USA und am Dienstag dann gegen Frankreich. Die nächsten Kraftakte für Dauerläufer Ehrhoff, der wegen die WM-Teilnahme den vierten Geburtstag seiner Tochter verpasst hat. „Da habe ich schon ein weinendes Auge“, sagt er. Auch daher müsse die WM für sein Team ein gutes Ende nehmen. „Dann feiern wir doppelt.“

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