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Sport: Da waren’s nur noch vier

Im Hallenhockey wird ein Spieler wegrationalisiert.

Berlin - Michael Stiebitz hat am Wochenende Anflüge von Panik erlebt. Da hat der Präsident des Berliner Hockey-Clubs die erste Männermannschaft bei einem Vorbereitungsturnier auf die Hallensaison beobachtet und dabei „tausend verschiedene Experimente“ gesehen. Bei eigenem Ballbesitz wurde der Torhüter gegen einen Feldspieler getauscht – und bei Ballverlust schnell wieder zurückgewechselt. Chaotische Zustände seien das anfangs gewesen, berichtet Stiebitz. Und vermutlich wird das auch zu Saisonbeginn noch so sein. Deutschlands Hallenhockeyspieler müssen sich auf ein neues Spiel einstellen: Ihnen ist ein Spieler abhanden gekommen.

Statt fünf Feldspielern stehen jetzt nur noch vier auf dem Platz, plus Torhüter. Hockey5 hat der Internationale Verband FIH diese Variante genannt; es ist jetzt die einzig zulässige neben dem Elf gegen Elf auf dem Feld. Mitte Juli wurde die Vier-plus- eins-Regelung von der FIH beschlossen – zum 1. September. Und auch wenn sie nicht explizit auf die Halle beschränkt ist, wurde sie vom Deutschen Hockey-Bund (DHB) umgehend für die an diesem Wochenende beginnende Hallensaison umgesetzt, allerdings nur in den beiden Bundesligen. „Das ging holterdipolter“, sagt BHC-Präsident Stiebitz.

Regeländerungen sind im Hockey wie in vielen anderen Randsportarten nichts Ungewöhnliches. Hockey hat sich in der Vergangenheit als wenig zimperlich erwiesen, wenn es darum ging, sich fürs Fernsehen aufzuhübschen und die Vermarktbarkeit zu verbessern. Genau das steckt auch hinter der Idee von Hockey5. Weniger Spieler heißt mehr Platz, mehr Tempo, mehr Tore. Die Einführung dieser Variante war aber auch eine Panikreaktion auf die Besorgnis erregenden Gerüchte aus dem Internationalen Olympischen Komitee. Hockey drohte aus dem olympischen Programm gestrichen zu werden. Ziel der FIH war es daher „ein Kleinfeldspiel zu entwickeln, das du überall auf der Welt spielen kannst und das junge Leute ans Hockey heranführt“, wie Stephan Abel, der Präsident des DHB, erklärt. Wenn man nicht mindestens 22 Leute braucht, um organisiert Hockey zu spielen, kann der Sport vielleicht auch in Ländern Fuß fassen, in denen er bisher nicht gespielt wird.

In Deutschland bedeutet die neue Regelung vor allem eine immense Umstellung, ohne große Vorbereitung. Der BHC hat erst vor vier Wochen sein letztes Spiel auf dem Feld bestritten und startet schon an diesem Freitag mit dem Derby gegen die Zehlendorfer Wespen (Cole-Sports-Center, 18.30 Uhr; Frauen: 20.30 Uhr) in die Hallensaison. Viel Zeit blieb Sebastian Zippel, dem Trainer der BHC-Männer, nicht. Er hat sich ein paar Dinge ausgedacht, neue Trainingsformen entwickelt; aber ob das in der Praxis funktioniert? Er weiß es nicht. „Man merkt, dass alle in der Test- und Probierphase sind“, sagt Zippel.

Mit einem Mann weniger wird es für jeden Spieler etwas anstrengender, vermutlich werden die Wechselintervalle kürzer; und wie der Raum auf dem Feld zu viert am besten besetzt wird, muss sich noch erweisen. Zippel erwartet „ein bisschen mehr Action“. Zuletzt war das Hallenhockey immer stärker von der Defensive, einem Hang zum Destruktiven geprägt. Dieses Korsett wieder aufzuschnüren ist „einen Test wert“, findet der BHC-Trainer. Sein Präsident Michael Stiebitz ist nicht so optimistisch: „Die Hockeytrainer sind zu intelligent. Die denken sich bestimmt wieder was aus.“ Stefan Hermanns

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