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Sport: Das alte Feuer

Spanien tritt zur Verteidigung des WM-Titels an

Berlin - Juan Carlos Pastor wirkte wie Franz Beckenbauer nach dem gewonnenen WM-Finale 1990, als der allein und entrückt auf dem Rasen des römischen Olympiastadions wandelte. Ruhig und gelassen nahm Pastor, der Trainer der spanischen Handball-Nationalmannschaft, vor zwei Jahren mit dem WM-Titel den größten Erfolg in der 65-jährigen Geschichte des Verbandes zur Kenntnis. Nie zuvor hatte Spanien auch nur auf dem Podest gestanden. Während die Spieler in der Halle im tunesischen Rades ihr Glück gar nicht fassen konnten nach dem sensationellen 40:34-Sieg gegen Olympiasieger Kroatien, verfolgte der damals erst 37 Jahre alte Coach die abschließende Zeremonie mit stoischer Miene. Seine Statements waren ähnlich verhalten: „Wir wussten, dass wir perfekt spielen müssen, um sie zu besiegen. Das haben wir getan“, sagte Pastor.

Noch spektakulärer geriet dieser Sieg vor dem Hintergrund der äußerst komplizierten Machtverhältnisse im spanischen Handball, auch im spanischen Verband regieren die großen Vereine wie der FC Barcelona und Ciudad Real, die sich gegeneinander nichts gönnen. Als der langjährige Coach Cesar Argiles nach dem dramatischen olympischen Viertelfinale von Athen, das im Siebenmeterwerfen gegen Deutschland verloren ging, abtreten musste, konnten sich die Klubs zunächst nicht auf einen Nachfolger einigen. Schließlich wurde mit Pastor, dem Trainer des zentralspanischen Vereins BM Valladolid, erst 70 Tage vor der WM 2005 ein Kompromisskandidat gefunden. Pastor war nur als Übergangslösung gedacht – gute zwei Monate später war er Weltmeister.

Obwohl Pastor penibel darauf achten musste, die Auswahlspieler möglichst paritätisch aus den Reihen der führenden Klubs aus Barcelona, Ciudad, Pamplona, Leon und Valladolid zu bestücken, schaffte er es in kürzester Zeit, eine verschworene Einheit aufs Feld zu schicken. Am Ende der WM war das Vertrauen der Spieler in den Trainer grenzenlos. „Wenn er sagt: ‚Rennt gegen die Wand‘, dann rennen wir“, sagte David Barrufet, der Weltklassetorhüter aus Barcelona.

Freilich kann Pastor, der sein Engagement danach um zwei Jahre verlängerte, auch auf herausragende Profis aus der spanischen Liga zurückgreifen. Neben Barrufet steht mit Hombrados (Ciudad) ein zweiter Weltklassetorwart zur Verfügung. Der eingebürgerte kubanische Kreisläufer Urios de Fonseca ist kaum zu halten. Im zentralen Rückraum wirkt der wuchtige Regisseur Romero (Barcelona), der mit Rodriguez (Valladolid) über einen sehr guten Back-up verfügt. Auch der Halblinke Raul Entrerrios (Ciudad) und der Ex-Kieler Lozano (San Antonio) stellen Weltklasse dar. Auf Linksaußen wirbelt der blitzschnelle Juan Garcia.

Eine zentrale Frage wird sein, wie die spanischen Stars die hohen Belastungen der letzten Jahre weggesteckt haben. Im EM-Finale 2006 in der Schweiz brachen sie gegen die Franzosen ein und unterlagen 23:31. Zuletzt hinterließ der Weltmeister beim World Cup in Schweden einen lustlosen Eindruck, als er nur mühsam das Spiel um den siebten Platz gegen Griechenland gewann. Aber wenn die Spanier wieder jenes Feuer aus Tunesien fangen, dann gehört der Titelverteidiger erneut zu den Topfavoriten.

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