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Sport: Das Geisterhaus

Weil der DFB zum Spiel St. Pauli – Bremen die Zuschauer aussperrt, protestieren Fans beider Klubs

Anfang der nächsten Woche wird der FC St. Pauli die Gelegenheit bekommen, in Frankfurt am Main seine Sicht der Dinge darzulegen. Beim Aufsteiger aus Hamburg empfindet man die Strafe des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach dem Bierbecherwurf als zu hart – der Vorsitzende des Sportgerichts, Hans Lorenz, hatte am Freitag dem Antrag des DFB-Kontrollausschusses stattgegeben und verfügt, dass St. Pauli das nächste Heimspiel ohne Zuschauer austragen muss. Zwei Stunden beriet sich das Vereinspräsidium daraufhin am Freitagmittag, ehe Präsident Stefan Orth mitteilte, dass der Klub gegen das Geisterspiel-Urteil des DFB fristgerecht Einspruch eingelegt habe. „Wir möchten unseren Standpunkt in einer mündlichen Verhandlung erläutern“, sagte Orth.

Vor einer Woche beim Spiel gegen Schalke hatte ein Zuschauer einen gefüllten Plastikbecher an den Nacken des Schiedsrichter-Assistenten geworfen, das Spiel wurde abgebrochen. Als Strafe muss St. Pauli die Heimpartie gegen Werder Bremen am Ostersamstag wohl vor leeren Rängen bestreiten. Lorenz sagte: „Die Verursachung eines Spielabbruchs stellt einen schweren Eingriff in das Spielgeschehen und den Wettbewerb dar und kann nur mit einer konsequenten Sanktion geahndet werden.“ Er hob hervor, dass das harte Urteil auch eine abschreckende Wirkung haben solle. Sollte St. Pauli in der mündlichen Verhandlung scheitern, käme die Bundesliga somit zum ersten Geisterspiel in ihrer Geschichte.

Beim Aufsteiger hofft man noch auf eine juristische Wende. Präsident Orth sagte: „Unstrittig ist, dass der FC St. Pauli klar und deutlich Würfe mit Gegenständen auf das Spielfeld aufs Schärfste verurteilt. Solche Affekthandlungen stehen im krassen Widerspruch zum Fairplay-Gedanken des Fußballs.“ Allerdings könne kein Verein das Fehlverhalten Einzelner verhindern. „Beim Täter handelt es sich um eine Einzelperson, die keiner Fangruppierung angehört“, sagte Orth. „So einer ist auch durch intensive Fanarbeit nicht erreichbar. Das war nicht geplant, sondern eine Affekthandlung.“

Heftige Kritik gab es von den Fanvereinigungen der betroffenen Klubs. „Die Begründung des DFB ist schwach“, sagte Stefan Schatz, Fan-Beauftragter des FC St. Pauli. „Die Fans zweier Vereine müssen herhalten, um für ein generelles Problem im Fußball zu büßen und für Abschreckung zu sorgen.“ Vom Bremer Fanklub „Hot Spots“ hieß es, beim Strafmaß habe nicht die Tat an sich entschieden, sondern der Fakt, dass ein Schiedsrichter getroffen worden sei. Als in früheren Fällen Spieler (Oliver Kahn) oder Zuschauer (bei Guerreros Flaschenwurf) getroffen wurden, habe der DFB weniger hart bestraft. Auch sei fraglich, ob eine Kollektivstrafe das richtige Mittel für eine bessere Selbstkontrolle bei Zuschauern sei.

Bremer Fanvertreter waren zudem enttäuscht, weil die Aussperrung auch für die 2000 Werder-Anhänger gelten soll, die schon Karten für das Spiel gekauft haben. Ihnen und auch den rund 22 000 restlichen Fans müsste der FC St. Pauli den Kaufpreis zurückerstatten, sollte die mündliche Verhandlung kein neues Urteil ergeben. Klubintern werden die Erfolgsaussichten für die mündliche Verhandlung als gering eingeschätzt.

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