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Sport: Den Dienstwagen gab er frisch gewaschen ab

Jupp Heynckes tritt als Trainer bei Borussia Mönchengladbach zurück – und verzichtet auf alle Ansprüche

Berlin - Wenn alles vorbei ist, sind alle Beteiligten dann doch irgendwie erleichtert: der Trainer, seine Kritiker, der Verein. Jupp Heynckes war am Dienstag von einem Journalisten der Boulevardzeitung „Express“ gefragt worden, ob er auch am Samstag, beim Spiel in Bielefeld, noch Trainer von Borussia Mönchengladbach sein werde. „Die Frage habe ich von Ihnen erwartet“, antwortete er. „Wenn Sie weiter so eine Schmutzkampagne fahren, muss ich mir das wohl überlegen.“ Heynckes hat schon lange nicht mehr den Eindruck erweckt, dass er mit großer Freude in Gladbach arbeite; die Boulevardmedien ihrerseits hatten an Heynckes bereits seit Monaten keinen Spaß mehr, und auch der Verein war angesichts der prekären Tabellensituation zumindest beunruhigt. Gestern Vormittag verkündete Borussia Mönchengladbach, dass Heynckes von seinem Amt zurückgetreten ist. Der Verein bedauere diese Entscheidung, hieß es.

„Das sind Tatsachen“, sagte Präsident Rolf Königs. Heynckes habe in der Nacht nach dem 0:0 im Heimspiel gegen den 1. FC Nürnberg die Entscheidung zum Rücktritt getroffen, um zehn Uhr am Morgen informierte er dann das Präsidium. „Er fühlte sich nicht mehr stark genug“, berichtete Königs. Komisch ist nur, dass die Nachricht schon vor zehn Uhr von lokalen Medien verbreitet worden war. Soll Heynckes etwa jene Journalisten exklusiv vorab informiert haben, die ihm seit Monaten zugesetzt haben? Wenn Heynckes Wort hält, ist seine Trainerkarriere gestern, nach 501 Bundesligaspielen, zu Ende gegangen. Bei seinem Amtsantritt im Sommer hatte er verkündet, dass Mönchengladbach seine letzte Trainerstation sein werde. Mit dem Klub war er als Spieler viermal Meister geworden, und bei der Borussia hatte er 1979, mit 34 Jahren, seine erste Stelle als Trainer angetreten. Doch die zweite Ära Heynckes endete, bevor sie eine Ära werden konnte: nach gerade einmal 215 Tagen. „Ich bin ganz traurig, dass es so gekommen ist“, sagte Präsident Königs.

Mit dem erfahrenen Heynckes hatte nach Jahren der Irrungen und Wirrungen und einer rekordverdächtigen Personalfluktuation alles anders werden sollen. Der 61-Jährige sollte eine junge Mannschaft aufbauen dürfen, die eines nicht mehr allzu fernen Tages auch den ambitionierten Königs befriedigen würde. Wer wäre für eine solche Aufgabe besser geeignet gewesen als Jupp Heynckes? Ein Mann, der für die große Zeit des Vereins in den Siebzigern steht, als gebürtiger Gladbacher über Lokalkolorit verfügt, dank seiner Auslandserfahrung aber auch den inzwischen irrealen internationalen Anspruch des Klubs verkörpert. Ein Trainer, der junge Spieler (Matthäus, Effenberg, Maniche) groß gemacht hat, aber auch mit fertigen Mannschaften (Bayern München, Real Madrid) erfolgreich war. Doch unter Heynckes lief wenig: Borussia ist seit nunmehr 13 Pflichtspielen ohne Sieg.

Das Ende von Heynckes’ Amtszeit war schon nach dem letzten Vorrundenspiel und dem Absturz auf einen Abstiegsplatz erwartet worden. Stattdessen ersetzten die Gladbacher nur ihren Kotrainer Uwe Speidel durch Jos Luhukay. Die Verpflichtung des 43 Jahre alten Niederländers galt vielen bereits als Absicherung für den Fall, dass Heynckes im Laufe der Rückrunde doch noch entlassen werden würde. Luhukay sitzt bereits am Samstag in Bielefeld als Cheftrainer auf der Bank.

Jupp Heynckes verzichtete auf alle finanziellen Ansprüche aus seinem Vertrag. Doch nicht nur deshalb wurde er von Präsident Königs noch einmal als Ehrenmann bezeichnet. Heynckes habe schon am Vormittag seinen Dienstwagen zurückgegeben, „und natürlich ist der Wagen frisch gewaschen und aufgetankt“.

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