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Sport: Der Fußball-Poker

Warum am Ende der Verhandlungen über die Bundesliga-Übertragungsrechte der Zuschauer höhere Fernsehgebühren zahlen könnte

Von Frank Bachner

und Daniel Pontzen

Berlin. Die Fans horchten auf, auch Leute, die nichts mit Fußball zu tun haben, diverse Politiker sowieso: Der Medienunternehmer und Bundesligafinanzier Leo Kirch steckte tief in der Krise, und Uli Hoeneß, der Manager des FC Bayern München, verkündete, die Politik solle einfach die Rundfunk- und Fernsehgebühren um zwei Mark im Monat erhöhen, dann sei die Finanzierung der Profigehälter gesichert. Eine Provokation?

Jetzt im Jahr 2003 ist die Möglichkeit, dass der Steuerzahler Fußball mit höheren Gebühren finanziert, größer geworden. Denn nun geht es vordergründig nicht um die Vereine und ihre teuersten Angestellten, sondern um ein Volksgut. Und das heißt Fußball-WM 2006. Es geht darum, ob ARD und ZDF, was beide Sender mit Nachdruck wollen, alle 64 Spiele der Weltmeisterschaft übertragen dürfen. Und zumindest indirekt könnte Hoeneß’ Vision wahr werden: Die Gebührenzahler finanzieren die Bundesliga mit – obwohl der Privatsender Sat 1 die Bundesligaspiele als erster Free-TV-Sender überträgt.

Was kompliziert klingt, ist ganz einfach: Infront, Inhaber der TV-Rechte für die Bundesliga, besitzt auch die Rechte für die WM 2006. Sollte Infront für die Bundesligarechte weniger Geld bekommen, als sie kalkuliert hat, wonach es derzeit aussieht, könnte sie im Gegenzug bei den WM-Rechten stärker zugreifen. Schließlich will Infront nicht draufzahlen. Und damit kommen ARD und ZDF ins Spiel. Die Sender haben zwar an den Bundesligarechten offiziell kein Interesse, wie kürzlich ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf im Tagesspiegel sagte, sie wollen aber unbedingt die 64 WM-Spiele zeigen.

Durch den Verzicht von Sat 1, den bisherigen Rechtevertrag um ein Jahr zu verlängern, wird das Szenario, dass die Gebührenzahler über Umwege den Bundesliga-Fußball sponsern, wahrscheinlicher. 80 Millionen Euro pro Saison überweist Sat 1 bisher pro Jahr. Rund 50 Millionen sollen es in Zukunft sein. Da sich bislang keine anderen Interessenten gemeldet haben, könnte Sat1 mit dieser Strategie Erfolg haben. Die Verluste, die Infront entstünden, müsste die Schweizer Firma, bei der der frühere Nationalspieler Günter Netzer Mitgesellschafter ist, auf andere Weise wieder ausgleichen. Und die einfachste Lösung lautet: Mehr Geld für die WM-Rechte verlangen. Bislang gelten als Verhandlungssumme rund 250 Millionen Euro. Und da ARD und ZDF die WM- Rechte unbedingt wollen, dürften sie auch den höheren Preis bezahlen. „Ich könnte mir schon eine Verquickung von Bundesliga- und WM-Rechten vorstellen“, sagt Franz Böhmert, der Aufsichtsratsvorsitzende von Werder Bremen, vorsichtig.

Es überrascht nicht, dass ARD und ZDF an einer solchen Diskussion wenig Interesse haben. „Ich halte das im Moment wirklich für arg hypothetisch“, sagt der stellvertretende ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz. Falls Sat 1 die Bundesliga-Rechte tatsächlich billiger bekommen sollte, bedeutete das für ARD und ZDF nicht, dass sie im Gegenzug mehr bezahlen müssten. „Dass Infront solche Vorstellungen hat, ist eine Frage ihrer Geschäftspolitik“, sagt Gruschwitz, „dazu werden wir uns nicht äußern.“ Auch Infront gibt sich noch bedeckt. Günter Netzer sagte dem Tagesspiegel: „Wir haben zur Kenntnis genommen, dass Sat 1 seine Option nicht genutzt hat. Wir sind uns zwar unseres finanziellen Risikos bewusst, aber wir wissen auch, dass wir ein sehr gutes Produkt haben.“

Gruschwitz geht davon aus, dass es in Sachen WM-Rechte „nicht zu einem schnellen Abschluss“ kommt. Allzu viel Geduld können sich ARD und ZDF jedoch nicht leisten. Noch in diesem Jahr wird entschieden, wie viele Gebührengelder die Anstalten ab 2005 erhalten werden. Infront wiederum hätte nur dann Interesse an einer schnellen Veräußerung der Erstrechte für die WM, wenn es mit der ARD auch zu einem Geschäft bei den Bundesliga-Rechten käme. Gruschwitz geht davon aus, „dass über beide Pakete separat verhandelt wird. Bislang habe ich es nur von Herrn Hoeneß gehört, dass es sinnvoll wäre, die Rechte für die WM 2006 und die Bundesliga zusammenzulegen.“ Es wäre nicht das erste Mal, dass Hoeneß mit seinen Vermutungen nahe an der Wahrheit läge.

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