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Sport: Der gefühlte Sieg

Nach dem Platzverweis gegen Gilberto erkämpft sich Hertha BSC zu zehnt ein 0:0 bei Schalke

Die vermeintlich entscheidende Szene des Spiels reduzierte sich in der Nachbetrachtung zu nichts mehr als einem großen Missverständnis. Vermutlich lassen sich solche Fehldeutungen nicht verhindern, wenn zwei Kulturen aufeinander stoßen, wenn deutsche Gründlichkeit auf südamerikanische Herzlichkeit trifft. Gilberto, der Mittelfeldspieler von Hertha BSC, hatte geklatscht – und das als Geste der Zustimmung gemeint. Schiedsrichter Felix Brych, im normalen Leben Jurist, aber fasste den Applaus als höhnischen Nachklapp für eine vermeintliche Fehlentscheidung auf. Streng nach den Regeln des Gesetzbuchs holte Brych zusätzlich zur Gelben Karte auch noch die Rote hervor und verwies Gilberto des Feldes. 65 Minuten musste Hertha BSC fortan in Unterzahl spielen, und doch schaffte es der Berliner Fußball-Bundesligist, sich beim FC Schalke 04 ein 0:0 zu erkämpfen.

Ein schöner Erfolg eigentlich, trotzdem fühlten sich die Berliner in gewisser Weise um den Lohn ihrer Mühen gebracht. „Das habe ich nicht verstanden“, sagte Gilberto später zu seinem Platzverweis. Nach einem Foul an seinem Landsmann Lincoln hatte Brych ihm die Gelbe Karte gezeigt. Als „absolut verdient“ empfand der Brasilianer diese Strafe, und um dieser Einschätzung Ausdruck zu verleihen, klatschte Gilberto zweimal in die Hände. „Es ist immer meine Art, den Schiedsrichter zu unterstützen“, sagte der Brasilianer. Umso verwunderter war er, dass seine Geste missverstanden werden konnte.

„Mit elf gegen elf hätten wir das Spiel gewonnen“, klagte Manager Dieter Hoeneß und redete sich immer mehr in Rage. „Der Schiedsrichter greift in ein Spiel ein, das wir im Griff haben.“ Auch nach dem Platzverweis gewährte Hertha den Schalkern nur bedingten Zugriff auf das Geschehen, allerdings vermochten sie es nicht, in Unterzahl entschiedener auf Sieg zu spielen. Einige gute Kontermöglichkeiten verendeten vorzeitig. „Es wäre sicher interessant gewesen zu sehen, wie das Spiel ausgeht, wenn wir zu elft zu Ende gespielt hätten“, sagte Herthas Trainer Falko Götz.

Im Vergleich zum Uefa-Cup-Spiel in Nikosia hatte Götz seine Mannschaft auf zwei Positionen verändert. Marko Pantelic spielte mit Marcelinho zusammen im Sturm, für Ellery Cairo rückte Yildiray Bastürk in die Anfangself. Mit hohem kämpferischen Aufwand und einer passenden Taktik gelang es den Berlinern, das Spiel ihres Gegners weitgehend lahm zu legen. Es dauerte bis kurz vor der Pause, ehe die Schalker zum ersten Mal aus dem Spiel heraus auf Herthas Tor schossen. „Wir haben zu sehr gewartet, uns zu wenig bewegt“, klagte Schalkes Trainer Ralf Rangnick nach dem dritten Unentschieden seiner Mannschaft hintereinander.

Die Berliner hingegen verstärkten ihren Einsatz nach dem Platzverweis noch. Selbst in Unterzahl verschanzten sie sich keineswegs vor dem eigenen Tor. Anstatt Marcelinho aus dem Sturm ins Mittelfeld zurückzuziehen, stellte Götz in der Abwehr von der Vierer- auf eine Dreierkette um und behielt zumindest pro forma die Sollstärke in Mittelfeld und Sturm bei. „Wir haben gut gestanden und gut gespielt“, fand Gilberto. Verteidiger Dick van Burik lobte „die kämpferisch beste Leistung der Saison“. Vor allem Niko Kovac tat sich in dieser Hinsicht hervor, indem er im Mittelfeld brenzlige Situationen bereits in ihrem Entstehen vereitelte.

Wirklich gefährlich wurde es für Herthas Defensive nur unmittelbar nach der Pause, als sich die Schalker fast minütlich ein paar gute Chancen erarbeiteten. Zehn Minuten vor Schluss machte dann Herthas Torhüter Christian Fiedler die beste Gelegenheit der Schalker zunichte: Mit einem katzenhaften Reflex wehrte er einen Volleyschuss des eingewechselten Gustavo Varela ab. Fiedlers Parade bewahrte die Berliner vermutlich vor mehr als einer Niederlage. Ein später Sieg der Schalker hätte sie vollends an der Gerechtigkeit verzweifeln lassen. Mehr noch, als sie es ohnehin schon taten.

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