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Sport: Der letzte Sieger des Neuen Marktes

Der Springreiter Toni Hassmann besitzt Pferde des Mobilcom-Gründers Schmid – und fürchtet trotzdem nicht um seine Zukunft

Berlin. Es ist nicht lange her, da waren Aktien noch Partythema Nummer eins. Mittlerweile sorgen Gespräche über den Neuen Markt für schmerzvolle oder gleichgültige Gesichter – je nachdem, ob jemand investiert hatte oder nicht. Sieger gibt es nach dem Zusammenbruch des Neuen Marktes jedoch kaum.

Für Toni Hassmann waren Aktien eigentlich nie ein Thema. Er hatte als bodenständiger Westfale nie Aktien besessen, und trotzdem profitiert der 26-jährige Springreiter noch immer vom Neuen Markt. Denn der Springreiter ist bei einer der schillerndsten Personen der Börsenwelt angestellt. Hassmann reitet sieben Pferde von Gerhard Schmid, dem inzwischen sattsam bekannten Unternehmensgründer und Noch-Großaktionär des Telekommunikations-Unternehmens Mobilcom – einem der ehemaligen Börsenlieblinge. Das Unternehmen steht zwar mittlerweile vor der Insolvenz und Gerhard Schmid in der Kritik, weil er die Sanierung des Unternehmes blockiere, doch die Pferde will sich der Unternehmer nicht nehmen lassen. Und so reitet Hassmann weiter als Angestellter für den Privatmann Schmid. Doch nach dem rapiden Verfall des Unternehmens wurde das Sponsoring für die Pferde eingestellt. Auf Wunsch von Schmid.

Direkte Auswirkungen auf Hassmann hatte dies nicht – nur Namenszusätze von Pferden wurden gestrichen. Der Weltranglistenelfte reitet, zum Beispiel ab Donnerstag beim CHI in Berlin, nicht mehr auf „Mobilcom Goldika“ und „Landstreicher Mobilcom“, sondern nur noch auf Landstreicher und Goldika. „Herr Schmid wollte das so. Das hat wohl damit zu tun, dass sein Unternehmen in Verruf kam“, sagt Hassmann. Sicher ist er sich aber nicht. Der Reiter telefoniert zwar gelegentlich mit Schmid. doch dabei geht es nur um Pferde. „Er hat mal gesagt, dass er Pferde verkaufen wolle – mich dann aber beruhigt und gesagt, dass ich mich aufs Reiten konzentrieren könne.“

Bewegt hat ihn die Entwicklung des Unternehmens dennoch. Hassmann dachte schon mal an die Aktionäre, die viel Geld mit dem Unternehmen verloren haben, dessen Name auf Hassmanns Pferdedecke steht. Ein schlechtes Gewissen plagte ihn aber nicht, weil die Pferde ja nicht der Firma gehören. Nur gelegentlich hört Hassmann den Spott von Kollegen, die in die abstürzenden Aktie investiert hatten: „Gewinn mal wieder, dann steigen endlich auch die Aktien.“

Hassmann hat gewonnen, doch genützt hat es der Aktie nicht. Der Springreiter hat in der vergangenen Saison überraschend die Weltcupturniere in Helsinki, Aarhus und Berlin gewonnen und sich damit für das Finale in Leipzig qualifiziert. Neben seinem Aufstieg in die Weltklasse hat er so seinem Chef auch dessen Wunsch erfüllt, einmal mit einem Pferd beim Finale dabei zu sein.

Diese Entwicklung wäre ohne die Pferde von Schmid nicht denkbar gewesen. Zeitweilig hatte der ja nur Mobilcom-Pferde im Stall. „Ein Verkauf wäre ein Rückschlag. Ich müsste neue Pferde erst wieder über zwei Jahre aufbauen“, sagt Hassmann und hofft deshalb, dass der Vertrag wie geplant bis Ende 2004 hält. Und zusätzlich hat er jetzt wieder Platz für einen neuen offiziellen Sponsor. Insofern hat wenigstens Hassmann persönlich von der Firmenpleite profitiert.

Ingo Wolff

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