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Sport: Der Meister unterm Blechdach

Die Eisbären haben eine starke Mannschaft, doch der Bau ihrer neuen Arena kommt nicht voran

Berlin – Wer dieser Tage das Sportforum im Bezirk Hohenschönhausen besucht, sollte festes Schuhwerk tragen. Rund um den Wellblechpalast ist es nach den Schneefällen recht glatt. Der ungestreute Weg zur betagten Eishalle mit ihren Stehplätzen und Plastikschalensitzen kann zur riskanten Rutschpartie werden. Das alles hat wenig mit dem zu tun, was sich andernorts in der modern gewordenen Deutschen Eishockey-Liga (DEL) abspielt. In neuen Großarenen wie in Köln, Hamburg oder Mannheim finden sich Zuschauer in fünfstelliger Zahl auf komfortablen Polstersesseln unter dem Videowürfel ein. Und trotzdem, unter dem Blechdach von Hohenschönhausen spielt der erfolgreichste DEL-Klub der vergangenen vier Jahre: Drei Mal haben die Eisbären die Hauptrunde als Erster abgeschlossen, und als Titelverteidiger starten die Berliner in die am Mittwoch beginnenden Play-offs.

Als Meister sind die Eisbären populärer denn je zuvor – auswärts. Vor zehn Tagen spielten sie vor 18 000 Zuschauern in Köln, Freitag vor 10 500 Zuschauern in Hannover, wo Scorpions-Manager Marco Stichnoth die Berliner Delegation sogar mit den Worten begrüßte: „Wenn ihr kommt, ist immer etwas los.“ Nur ist in Berlin in dieser Saison nicht viel los gewesen. Zwar brüsteten sich die Eisbären in ihrem jüngsten Stadionheft als „Auslastungskrösus“ der DEL, doch ist der Besucherschnitt im nur 5000 Zuschauer fassenden Wellblechpalast trotz Titelgewinn in dieser Saison gegen den Ligentrend um 152 auf 4287 Zuschauer gesunken. Der Schnitt in der DEL liegt schon nach der Hauptrunde bei über 6000 Besuchern pro Klub. Bis auf die Düsseldorfer EG spielen alle Play-off-Viertelfinalteilnehmer in neuen Arenen – und die DEG zieht nach der Saison um.

Die strukturelle hat mit der sportlichen Entwicklung bei den Eisbären offensichtlich nicht Schritt gehalten. Als Trainer Pierre Pagé im Winter 2002 nach Berlin kam, versprach er, binnen drei Jahren „ein Meisterteam“ aufzubauen, das dann spätestens im Jahr 2006 in die neue, von Klub-Eigner Philip Anschutz errichtete Großarena am Ostbahnhof einziehen sollte. Das Meisterteam gibt es, die Arena nicht. Für die Eisbären ist das Warten auf die neue Arena eine Last. Expandieren kann der Klub in seinem alten Stadion nicht, einen Umzug in die größere, wiedereröffnete Deutschlandhalle traut sich der Verein nicht zu, da er sich stark im Bezirk Hohenschönhausen verwurzelt sieht. Der Meister ist immer noch ein Kiezklub – der einzige in der DEL. In Hamburg oder Mannheim würden sie ihre Arenen mit einer so spielstarken Mannschaft wie den Berlinern wohl zu jedem Spiel ausverkauft haben. In Berlin aber bekommen die nicht mal die kleine Halle voll, was Trainer Pierre Pagé ab und an ärgert, wie er sagt: „Aber ich kann mich ja nicht auch noch darum kümmern.“

„Neukunden mit Stehplätzen zu gewinnen, das ist keine einfache Sache“, sagt Detlef Kornett zu der Situation im Sportforum. Kornett ist Chef der europäischen Dependance der Anschutz-Gruppe aus Denver in Colorado. Die Filiale hat ihren Hauptsitz seit geraumer Zeit in Berlin. Von sechs europäischen Klubs von Anschutz sind nur zwei übrig geblieben – neben den Eisbären die Hamburg Freezers. Auf Nachfrage sagt Kornett aber, es gäbe „keinen Rückzug auf Raten“. Sonst hätte Anschutz den Vertrag der Freezers mit den Betreibern der Hamburger Arena, die ihm nicht gehört, auch nicht bis 2012 verlängert. „In diesem Jahr ist in Berlin Baubeginn“, sagt Kornett.

Baubeginn ist bei Anschutz schon seit fünf Jahren. Irgendwann sagte Kornett dann aber, dass die Arena doch nicht vor der Fußball-WM fertig würde. Danach sieht es aus, auch wenn alle Bauanträge eingereicht sind, das Gelände schuttfrei ist und es schon einen Namenssponsor geben soll – in weniger als drei Monaten lässt sich keine Arena für 16 000 Zuschauer bauen.

Da Anschutz noch nicht so weit ist, mussten die Eisbären diese Saison schon sparen. Denn trotz Titel und vieler Sponsoren (da hat der Klub laut Kornett „zugelegt“) verloren die Berliner im Sportforum Geld – von mehr als einer Million Euro ist die Rede. Der Verlust mit den Eisbären wird als Teil der Halleninvestition gesehen. Schließlich braucht Anschutz ein Team für seine Arena, wegen der vielen Spiele in der DEL sind da dann schon mal über 30 Termine im Jahr belegt. Für die Eisbären bleibt so die Gewissheit, dass sich der Hallenbau nicht ewig verschieben lässt und sie irgendwann die Arena bekommen, die sie längst verdient haben.

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