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Sport: Der Preis des Erfolgs: Stammplatz in der Welt der Illusionen

Bis Ende April hat Stefan Ustorf auf einen Anruf von Eishockey-Bundestrainer Hans Zach gewartet. Vergebens.

Bis Ende April hat Stefan Ustorf auf einen Anruf von Eishockey-Bundestrainer Hans Zach gewartet. Vergebens. Die Weltmeisterschaft 2001 in Deutschland fand ohne den 27-jährigen Center statt. Dabei hätte Ustorf Zeit gehabt. Sein Team, die Cincinnati Cyclones aus der nordamerikanischen International Hockey League (IHL) war längst aus den Play-offs ausgeschieden. Und Franz Reindl, Sportdirektor beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB), hatte Ustorf sogar in den USA beobachtet. "Gut in Form", hatte er gesagt. Zach interessierte das nicht. "Stefan Ustorf, wer ist das?", fragte er vor WM-Beginn ironisch.

Aber in diesem Satz steckte mehr, eigentlich alles. Die ganze trübe Geschichte des Stefan Ustorf. Einer, den sie mal in den Himmel hoben, endet als lächerliche Figur. Nicht bloß als Nobody. Über Nobodys macht man keine dünnen Witzchen. Die macht man nur über Leute, die mal etwas darstellten, und deren Abstieg man nun süffisant kommentieren kann.

Vielleicht dachte Zach auch an die ganzen Experten. Die Fachleute, die Ustdorf eine große Zukunft prognostizierten und damit falsch lagen. Denn Ustorf war immer einer, der nur gut beginnt. Aber oben angekommen, das ist er nie. Auch als er 20 war, hatte er nur begonnen. Er wagte den Sprung in die USA. Zuvor hatte er beim ESV Kaufbeuren zwei Jahre lang in der Bundesliga für Furore gesorgt, war Stammspieler im Nationalteam. Die Washington Capitals aus der National Hockey League (NHL), dem Mekka des Eishockeys, hatten sich die Rechte an Ustorf gesichert. Nach nur einer Saison im Farmteam - so bezeichnet die NHL ihre Reservemannschaften - der Capitals, den Portland Pirates, durfte Ustorf in der NHL aufs Eis. Er absolvierte 53 Spiele für Washington, war in der Saison 1995/96 mit 17 Skorer-Punkten der Primus unter den Debütanten in Washinghton. Eine Traumkarriere für einen deutschen Spieler schien sich anzubahnen. Doch schon ein Jahr später ging es bergab. Verletzungen warfen Ustorf zurück, er bestritt nur noch sechs NHL-Spiele, musste nach Portland.

Der Vater holte ihn 1997 zurück in die Heimat. Peter Ustorf war damals Trainer und Manager der Berlin Capitals. Sein Sohn war nun bestbezahltester Profi der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), doch die Capitals verpassten die Play-offs, und er verschwand nach nur einem Jahr. Als er ging, bemerkte es fast keiner.

Ustorf ging zurück in die USA, und er spürte noch dieses Feuer und diesen Willen. Aber er spürte nicht, dass er in einer Illusion lebte. Er war nicht mehr das Talent von früher. Er war wie ein gealterter Schauspieler, der sich an seine größten Auftritte erinnert und sich im Geiste am Applaus der Zuschauer berauscht, während er in Wirklichkeit nur auf einer staubigen Provinzbühne steht. Ustorf tingelte durch die unterklassige International Hockey League - für wenig Geld und mit sehr wenig Hoffnung. Die NHL wird nochmal seine Bühne sein, das hatte er sich immer eingeredet. 1999 hat er sogar noch bei den Washington Capitals unterschrieben. Aber natürlich landete er in einem Farmteam. Die Capitals brauchten keinen, der nur große Hoffnungen hatte und sonst gar nichts. Zu schlecht für die NHL, sagten die Verantwortlichen. Bis 1. Juli hoffte Ustrof. Am 1. Juli lief die Option der Capitals an ihm aus. Nichts passierte. Nur Ustorf steht jetzt ohne Verein da.

In der DEL buhlen immer noch einige Klubs um ihn, das schon. Doch Ustorf hat ja noch seinen Traum von der NHL, seine Illusion. "Mit dem Ustorf haben wir oft gesprochen", sagt Peter John Lee, Manager des EHC Eisbären, "er hat immer gesagt, dass er noch auf ein Angebot aus Washington wartet." Ein bisschen wie Godot. Und natürlich wartete Ustorf vergeblich.

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