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Sport: Der Problemlöser

Mit seiner Entschlossenheit im Manipulationsskandal hat Theo Zwanziger seine Macht als DFB-Präsident gefestigt

Es gibt einen Moment, in dem die Chance zur groß angelegten Versöhnung besteht. Die 253 Delegierten in der Rheingoldhalle von Mainz lassen diesen Moment ungenutzt vorübergehen. Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), steht am Rednerpult, und er spricht über Gerhard Mayer-Vorfelder: Gegen seinen Mitpräsidenten sei im Zuge des Wett- und Manipulationsskandals eine regelrechte Kampagne eingeleitet worden. „Herr Präsident“, sagt der andere Präsident, „man hat Ihnen sehr, sehr Unrecht getan.“ Es ist der Moment, in dem die Delegierten mit Beifall ihre Sympathie für Mayer-Vorfelder ausdrücken könnten. Es rührt sich keine Hand.

Theo Zwanziger ist das, was Mayer- Vorfelder nie gewesen ist: der Mann des Fußballvolkes und der Funktionäre. Dieser Außerordentliche Bundestag ist seine Bühne, auf der sich Zwanziger als zielstrebiger Macher profiliert. Die 13 Anträge, die seine Handschrift tragen, werden in einer Viertelstunde abgehandelt, ohne Aussprache, bei neun Gegenstimmen und vier Enthaltungen. Nur zwei Stunden dauert die Aufarbeitung des leidigen Skandals, der das Selbstverständnis der wackeren deutschen Funktionäre erschüttert hat. Natürlich haben sie immer gewusst, dass es Manipulationen gibt: in Portugal, Rumänien, Tschechien … Aber in Deutschland? „Das hätte niemand gedacht“, sagt Schiedsrichter-Obmann Volker Roth.

Die Veranstaltung hat vor allem den inneren Verbandsfrieden wiederhergestellt. Nach zwei Stunden in Mainz gehen die Delegierten mit der Illusion nach Hause, dass nun alles wieder gut ist. Und sie glauben, dass sie das vor allem Theo Zwanziger und seinem entschlossenen Handeln zu verdanken haben. „Man kann uns vielleicht Naivität vorwerfen, dass wir so etwas nicht für möglich gehalten haben“, sagt Zwanziger, „aber wenn wir einmal ins Rollen kommen, schlagen wir richtig zu.“ Er selbst hat das hohe Tempo vorgegeben. „Eine große Leistung“ bescheinigt ihm daher Mayer-Vorfelder.

Als Zwanziger im Oktober in sein Amt gewählt wurde, galt er noch als Zweitpräsident, als Mann der Amateure. „Theo kämpft gegen die Profiwelt“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“. Die wahre Doppelspitze des deutschen Fußballs bestehe aus Mayer-Vorfelder und Werner Hackmann, dem Präsidenten des Ligaverbandes. Doch Zwanziger konnte gut damit leben, dass er anfangs unterschätzt wurde. Er wusste immer, dass er den Rückhalt der Landesverbände besitzt, „und der Respekt der Liga ist in den vergangenen Monaten sicherlich gewachsen“, sagt Zwanziger. Natürlich hat er auch davon profitiert, dass das Schiedsrichterwesen und damit der Skandal in seine Zuständigkeit fiel, dass Mayer-Vorfelder satzungsgemäß zum Schweigen verurteilt war.

Es passt aber auch ins Bild, dass Zwanziger sich vor allem mit Unannehmlichkeiten aller Art zu beschäftigten hat, während Mayer-Vorfelder auf den Ehrentribünen den Glanz genießt. Doch immer mehr wird auch Zwanzigers Gestaltungswille sichtbar. Er war es, der im März die Kandidatur Franz Beckenbauers für das Amt des Uefa-Präsidenten erfunden hat. Als er spätabends aus dem Videotext von der Bewerbung des Franzosen Michel Platini für diesen Posten erfuhr, entschloss er sich, am nächsten Morgen in einem lange vereinbarten Zeitungsinterview Beckenbauer ins Spiel zu bringen. Zwanziger rief einige wichtige Verbandsfunktionäre an, um ihre Zustimmung für seine Idee einzuholen. Mayer-Vorfelder, der bei der Wahl Beckenbauers seine Ämter in der Uefa aufgeben muss, war nicht darunter. Zwanziger konnte ihn nicht erreichen.

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