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Sport: Der Undank des Ehrenmitglieds

Gladbach schmerzt das Wiedersehen mit Meyer

Mönchengladbach - Hans Meyer ist in den vergangenen Monaten regelmäßig zu Gast gewesen im Mönchengladbacher Borussia-Park. Erst vor drei Wochen, beim Spiel gegen den Hamburger SV, ließ er sich in der Loge des Präsidiums von Borussia Mönchengladbach hofieren. Damals ahnte niemand, dass es bald ein Wiedersehen geben würde. Für die Gladbacher wurde es eine schmerzhafte Begegnung. Zum zweiten Mal trat Meyer als Trainer gegen jenen Klub an, den er 2001 zurück in die Fußball-Bundesliga führte. Einem 1:1 mit Hertha BSC vor anderthalb Jahren folgte am Samstag ein 1:0-Sieg mit dem 1. FC Nürnberg, und wenn Meyer so weitermacht, wird er schon bald wegen vereinsschädigenden Verhaltens seine Ehrenmitgliedschaft zurückgeben müssen. „Er hat seine Mannschaft sehr gut eingestellt“, sagte Borussias Mittelfeldspieler Peer Kluge, der einst von Meyer in Chemnitz entdeckt wurde.

Vermutlich kennt Meyer die Borussen immer noch besser als sein eigenes Team. Umso bemerkenswerter sind die Fortschritte, die er mit dem neuen Klub nach nur drei Wochen gemeinsamer Arbeit erzielt hat. Einen einzigen Punkt hatten die Nürnberger auf fremden Plätzen geholt, als Wolfgang Wolf noch ihr Trainer war. Unter Meyer gewannen sie jetzt im zweiten Auswärtsspiel zum zweiten Mal und kletterten erstmals seit dem achten Spieltag aus der Abstiegszone. „In unserer Situation kann man das gar nicht hoch genug einschätzen“, sagte Präsident Michael A. Roth. „Es war unser heimlicher Wunsch, Weihnachten nicht auf einem Abstiegsplatz zu stehen.“ Wirklich seriös wird Meyers Schaffen erst in der Rückrunde zu beurteilen sein, wenn er in der Winterpause genügend Zeit hatte, um mit der Mannschaft seine Vorstellungen von ästhetisch anspruchsvollem Fußball einzuüben. Bis Weihnachten wird es nur ums Durchwursteln gehen, das bestreitet nicht einmal Meyer. Wie bei seinem Debüt in Kaiserslautern ließ er auch gegen Mönchengladbach mit einem Libero in der Abwehr spielen. „Das ist absolut unüblich“, sagte er, „sogar in Deutschland.“

Das System mit Libero und zwei Vorstoppern gilt als hoffnungslos veraltet, doch offensichtlich erleichtert die klare Kompetenzverteilung gerade verunsicherten Mannschaften die Abwehrarbeit. „Jeder weiß, wo er sich einordnen und gegen wen er spielen muss“, sagte Libero Mario Cantaluppi, der zum zweiten Mal in seinem Fußballerleben diese Rolle besetzt hatte. „Ich weiß auch, dass das kein superschöner Fußball ist. Aber mir ist das so was von egal, ob wir einen modernen, schlechten oder guten Fußball spielen. Im Moment stehen wir einen Platz über dem Strich.“

Vorerst gilt dies unter Vorbehalt, da alle drei Vereine hinter Nürnberg ein Spiel weniger bestritten haben. Doch Hans Meyer hat schon bei seinem Amtsantritt gesagt, er halte mindestens drei Mannschaften für schlechter besetzt als sein eigenes Team. Dass die Nürnberger im Offensivspiel Potenzial besitzen, zeigten sie gegen Mönchengladbach in Ansätzen. Obwohl das einzige Tor durch Marek Nikl im Anschluss an einen Freistoß fiel, hatte Meyers Team die beiden einzig klaren Torchancen des Spiels. Der Trainer durfte sich sogar für die Entdeckung des starken Ivan Saenko loben lassen. Dabei hatte der Russe nur gespielt, weil mit Vittek, Mintal und Daun drei Offensivspieler fehlten. „Ich bin doch in der herrlichen Situation, dass ich gar nicht viel falsch machen kann“, sagte Meyer. Nach 34 Jahren als Trainer weiß er aber auch, dass sich das schnell wieder ändern kann.

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