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Statt am Spieltag gegen Ungarn soll die Arena nun wahrscheinlich am Christopher Street Day bunt beleuchtet werden.

© Tobias Hase/dpa

Update

Der Verband muss endlich mit der Zeit gehen: Die Fans sind längst divers, warum nicht auch die Uefa?

Kapitänsbinde, Stadion oder Münchner Rathaus in Regenbogenfarben – von Europa könnte jetzt eine Toleranz-Welle ausgehen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Da hat der europäische Fußballverband die Kurve noch so halb gekriegt, zur Fankurve: Nachdem Manuel Neuer die Kapitänsbinde in Regenbogenfarben getragen hatte, ermittelte die Uefa, ob das erlaubt sei oder der DFB mit einer Geldstrafe belegt werden sollte. Dazu kommt es nun nicht – weil es einen „guten Grund“ dafür gegeben habe, wie der Verband findet. Andererseits: Ein Münchner Stadion in Regenbogenfarben wird es laut „Bild“-Zeitung nicht geben. Die Uefa argumentiert demnach mit einem einheitlichen Stadiondesign, das dagegen sprechen würde. Schade.

Die bunten Farben gelten weltweit als Zeichen für Toleranz und sexuelle und geschlechtliche Vielfalt. Und das mit dem Zeichen setzen kann, ja muss jetzt so weitergehen. Mit Neuers Aktion und darüber hinaus. Bis zur Weltmeisterschaft, mindestens.

Denn erstens steht „die Mannschaft“, also die Nationalmannschaft, dahinter, zweitens sind die Fans zu gewinnen, wie man im Stadionrund sieht, drittens kann von Europa, der Fußballmacht, eine weltweite Welle ausgehen, eine gegen Ausgrenzung und für Toleranz. Jetzt - und wie!

Solidarität ist der richtige Weg

Das Münchner Stadion in Regenbogenfarben eintauchen, das Münchner Rathaus mit Regenbogenfarben beflaggen: Augenfällige Solidarität wäre der (einzig) richtige Weg. Zumal in dieser Woche.

Deutschland trifft im letzten Vorrundenspiel am Mittwoch auf Ungarn, dessen rechtsnationale Führung unter Viktor Orban sich homo- und transfeindlich verhält. Ein Protest dagegen findet die nötige Aufmerksamkeit und ganz gewiss den richtigen Adressaten: Orban.

Der ist ein großer Fußballfan. Vier Spiele dieser EM finden in der Hauptstadt Budapest statt, bei den Spielen der ungarischen Elf war Orban als Fan im Stadion.

Ob er nach München kommt? Er würde es nicht mögen, müsste sich dem aber aussetzen: Ein Anlass des Protestes ist das Gesetz, das gerade vom ungarischen Parlament gebilligt wurde und die Informationsrechte von Jugendlichen über Homosexualität und Transsexualität einschränkt. Das Gesetz wird besonders von Orban unterstützt.

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Womit wir wieder bei der Uefa wären. Sie muss sich bewegen, generell. Es geht um mehr als einen symbolischen Akt. Der Lesben- und Schwulenverband hofft zurecht auf „Teambuilding“.

Die Uefa ermittelte, nachdem Manuel Neuer bei der EM die Regenbogenbinde getragen hatte.
Die Uefa ermittelte, nachdem Manuel Neuer bei der EM die Regenbogenbinde getragen hatte.

© imago images

Einmal, weil wir gerade im „Pride Month“ sind, zum anderen, weil der LSVD der Ansprechpartner für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt beim Deutschen Fußball-Bund ist, zum dritten, weil am 26. Juni die digitale Demonstration „SportPride 2021“ stattfindet. Das ist eine für die Sichtbarkeit und Unterstützung aller Lesben, Schwulen, Bisexuellen, trans- und intergeschlechtlichen Menschen im Sport.

Und zu guter Letzt: Sport ist Politik ist Gesellschaft ist Veränderung. Wer das nicht wahrhaben will, verliert, Wahlen und mehr. Die Fans sind divers. Gerade auch die Uefa muss wissen: Wer nicht mit der Zeit geht, über den geht sie hinweg. Fußball wird es immer geben. Verbände können sich überleben.

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