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Da lief es noch andersherum: Reinhard Grindel bedankt sich bei den Interimspräsidenten Rainer Koch (rechts) und Reinhard Rauball. Später konnte sich Grindel die Hand schütteln lassen.

© dpa

Update

Deutscher Fußball-Bund: Reinhard Grindel: Neustart mit Routinier

Der außerordentliche Bundestag des DFB hat Reinhard Grindel zum neuen Präsidenten gewählt. Der kündigt schon Reformen an.

Reinhard Grindel ist sichtlich darum bemüht, als neuer Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) einen dynamischen Eindruck zu hinterlassen. Als er nach seiner Wahl aus dem Auditorium wieder zurück zu den Mächtigen darf, nimmt er im Vorbeigehen die Glückwünsche seines Vorgängers Wolfgang Niersbach entgegen, und anstatt die Treppe am Rand zu nehmen, macht Grindel einen großen Schritt und hievt seinen 1,92 Meter langen Körper aufs Podium. Man darf darin durchaus etwas Symbolisches sehen. Reinhard Grindel hat in kurzer Zeit einen Riesensatz auf der Karriereleiter gemacht.

Schon zu Beginn des außerordentlichen Bundestages am Freitag in der Frankfurter Messe sitzt der 54-Jährige in der ersten Reihe auf dem Podium, allerdings als Schatzmeister noch ganz außen. Kurz bevor es losgeht, tritt Christian Seifert, der Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL), an ihn heran, und legt ihm von hinten kurz die Hände auf die Schulter. Wird schon, soll die Geste wohl ausdrücken. Und es wird. Von den 255 Delegierten stimmen nur vier, angeblich die Vertreter von Borussia Dortmund und des SC Freiburg, gegen Grindel, er selbst enthält sich. Er wisse nicht, wer gegen ihn gestimmt habe und aus welchem Grund, sagt der neue DFB-Präsident später, „aber vielleicht gibt mir das am 4. November die Möglichkeit zu sagen, dass ich mit einem deutlich besseren Ergebnis wiedergewählt worden bin“. Dann findet der ordentliche Bundestag statt, bei dem Grindel erneut zur Wahl steht.

Grindels Vorstellung ist die routinierte Wahlkampfrede eines Berufspolitikers

Dass die Gegenstimmen aus dem Lager der Profis kommen, ist wohl kein Zufall. Die DFB-Delegierten tagen zwar im Saal Harmonie, aber so harmonisch, wie derartige Veranstaltungen sonst, zumindest nach außen, abzulaufen pflegen, ist es diesmal nicht. Er möchte keinen harmonischen Bundestag, sagt Reinhard Rauball gleich zu Beginn seiner Rede, „ich möchte einen ehrlichen Bundestag“.

Rauball, der den DFB nach dem Rücktritt Wolfgang Niersbachs zusammen mit Rainer Koch kommissarisch geführt hat, äußert in seiner Funktion als Ligapräsident noch einmal seine Irritation darüber, dass Grindel von den Regional- und Landesverbänden ohne Beteiligung der Profivertreter zum Kandidaten bestimmt worden war. „Wir möchten gerne einbezogen werden“, sagt Rauball, der die schnelle Entscheidung nach wie vor für falsch hält. „Wäre es in einer der schwersten Krisen des DFB nicht besser gewesen, inhaltlich zu arbeiten, anstatt Personalfragen so in den Vordergrund zu stellen?“

Da wirkt es fast ein bisschen gewollt, wie Grindel und Koch immer wieder auf der Einheit von Profis und Amateuren herumreiten. Der neue Präsident sagt hinterher, er habe „das Verbindende, nicht das Trennende“ herausgehört. Überhaupt kommen in der halbstündigen Vorstellung des neuen Präsidenten viele wohlfeile Formulierungen vor: „Es gibt Aufgaben, die wichtiger sind als wir selbst.“ Grindel hofft, dass man später einmal über diesen Bundestag sagen werde: „ Das war ein Wendepunkt hin zu einem neuen DFB.“ Von diesem „neuen DFB“ ist so oft die Rede, dass man schon fast eine neue Marketingidee dahinter vermuten muss.

Alles in allem ist Grindels Vorstellung die routinierte Wahlkampfrede eines Berufspolitikers. Der Jurist und frühere Fernsehjournalist sitzt seit 2002 für die CDU im Bundestag. Das Mandat, so hat er angekündigt, wird er niederlegen, und zwar „deutlich vor dem ordentlichen Bundestag“ des DFB. Wann genau, das will Grindel in der kommenden Woche in seinem Wahlkreis bekannt geben.

Auch in Sachfragen will Grindel der Liga entgegenkommen

Echte Begeisterung löst der neue Präsident mit seiner Rede unter den Delegierten nicht aus, der Beifall kommt eher pflichtmäßig höflich daher. Am lautesten wird es, als sich Grindel an seinen Vorgänger wendet. „Wir reduzieren dein Lebenswerk nicht auf wenige Wochen und eine Pressekonferenz“, sagt er zu Wolfgang Niersbach. Ein falsches Signal nach dessen Verfehlungen in der Sommermärchen-Affäre sieht er in der Reaktion der Delegierten nicht; Grindel hat den Beifall vielmehr „als durch und durch menschliche Geste“ verstanden. Immerhin in diesem Punkt dürfte er auf einer Linie mit der DFL sein. Rauball macht unmissverständlich deutlich, dass an Niersbachs Mitgliedschaft in den Exekutiven von Fifa und Uefa nicht gerührt werden dürfe.

Auch in Sachfragen will Grindel der Liga entgegenkommen, nachdem Rauball noch einmal organisatorische und statuarische Veränderungen angemahnt hat. Beim DFB wird es künftig eine Stabsstelle für Compliance und Controlling geben, außerdem eine Ethikkommission, laut Grindel für einen Fußballverband weltweit einmalig. Die Kommission soll auch die Bewerbung des DFB für die EM 2024 überwachen. Nach den Erfahrungen mit der Bewerbung um die WM 2006 keine schlechte Idee. Vertretbaren Anpassungen der Spielplangestaltung werde sich der DFB ebenfalls nicht widersetzen, und auch beim DFB-Pokal signalisiert Grindel den Profiklubs Reformbereitschaft. „Das heißt aber nicht: Freilos in der ersten Runde.“ Denn gerade diese Spiele zwischen Profis und Amateuren seien „Feiertage der Einheit des Fußballs“.

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