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WM-Qualifikation: Deutschland gewinnt 2:0 gegen Wales

Beim 2:0-Sieg in der WM-Qualifikation in Wales schießt der glücklose Stürmer Mario Gomez zumindest ein halbes Tor, als er ein Eigentor des Gegners vorbereitet.

So wie ein Trainer erst dann als richtiger Trainer gilt, wenn er seine erste Entlassung hinter sich hat, so ist ein Stürmer wohl erst dann ein richtiger Stürmer, wenn bei ihm einmal die Minuten der Torlosigkeit gezählt werden. Bei Mario Gomez war gestern gerade Minute 645 angebrochen, als er im WM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in aussichtsreiche Position geriet. Nach einer Flanke von Lukas Podolski stieg der Stuttgarter frei zum Kopfball hoch. Der Ball flog jedoch so hoch an den Fünfmeterraum, dass selbst ein durch und durch euphorisierter Gomez ihn nie und nimmer hätte erreichen können. Doch Gomez ist derzeit im Nationaltrikot alles – nur nicht euphorisiert. In der zweiten Halbzeit aber durfte der Stuttgarter endlich wieder lachen. Er tat es ein bisschen verschämt. Der Waliser Ashley Williams hatte eine an sich harmlose Hereingabe von Gomez unbedrängt zum 2:0 (1:0)-Endstand ins Tor gelenkt. Man könnte auch sagen: Nach einem Jahr der Erfolglosigkeit in der Nationalmannschaft erzielte Mario Gomez gestern wenigstens ein halbes Tor.

Trotz seines traurigen Auftritts am vergangenen Samstag beim 4:0-Sieg gegen Liechtenstein durfte der Stuttgarter erneut von Anfang an spielen. Darauf hatte sich Bundestrainer Joachim Löw schon früh festgelegt. Nur auf einer Position veränderte Löw seine Mannschaft. Für den erkrankten Hamburger Marcell Jansen spielte jedoch nicht dessen Teamkollege Piotr Trochowski, sondern Simon Rolfes. Löw hatte seinem Team mit dieser Änderung auch ein neues System verpasst: Im 4-2-3-1 mit den beiden defensiven Mittelfeldspielern Rolfes und Thomas Hitzlsperger bildeten Lukas Podolski, Michael Ballack und Bastian Schweinsteiger eine offensive Dreierreihe. Mario Gomez spielte alleine im Sturm.

Mit einer ähnlichen Aufstellung hatten die Deutschen im Viertelfinale der Europameisterschaft gegen den hohen Favoriten Portugal gewonnen; in Cardiff aber war die Mannschaft von Joachim Löw selbst in der Favoritenrolle. Das erleichtert die Aufgabe nicht unbedingt, vor allem wenn der Außenseiter lange das 0:0 halten kann. Diesen Plan aber durchkreuzte Michael Ballack schon nach zehn Minuten. Rund 30 Meter vor dem Waliser Tor kam der Kapitän der Nationalmannschaft an den Ball, er nutzte den Freiraum im vermeintlichen Niemandsland und traf mit einem platzierten Fernschuss fast in den Winkel zur 1:0-Führung. Ballack hatte schon am Wochenende gegen Liechtenstein den wichtigen ersten Treffer für die Nationalmannschaft erzielt.

Joachim Löw verfiel an der Seitenlinie in einen kurzen Moment der Ekstase. Der frühe Treffer passte ihm perfekt in den Plan, allerdings gab die Führung der Nationalmannschaft nicht die erhoffte Sicherheit. Die Waliser kamen besser ins Spiel, und sie brachten die Deutschen einige Male in Verlegenheit. Nach 20 Minuten erlebte Robert Enke das, was ihm gegen Liechtenstein während der gesamten Spielzeit versagt geblieben war: Er konnte beweisen, dass er ein verlässlicher Torhüter ist. Nachdem Andreas Beck im Strafraum ein Kopfballduell verloren hatte, kam Robert Earnshaw aus kürzester Distanz zum Schuss, Enke aber parierte mit einem grandiosen Reflex.

Die deutsche Mannschaft hatte in der Defensive erstaunliche Probleme gegen die Waliser, deren WM-Chance schon vor der Begegnung nur noch theoretischer Natur war. Vor allem der Stuttgarter Serdar Tasci machte in der Innenverteidigung alles andere als einen stabilen Eindruck. Nach einer knappen halben Stunde wollte er es ganz genau wissen: Tasci rutschte im Strafraum aus, brachte seinen Gegenspieler Joe Ledley zu Fall und berührte den Ball auch noch mit der Hand. Doch anstatt auf Foul- oder Handelfmeter zu entscheiden, ließ Schiedsrichter Terje Hauge weiterspielen.

Auf der anderen Seite führte das Offensivspiel der Deutschen nur selten in die Spitze. Meistens versuchten sie es mit Fernschüssen: Hitzlsperger scheiterte bei einem Freistoß an Torhüter Hennessey, Gomez verfehlte knapp das Tor. Die einzige herausgespielte Chance in der ersten Halbzeit vergab Lukas Podolski, der sich später handgreiflich, mit einem Schlag ins Gesicht, gegen eine Anweisung von Michael Ballack zur Wehr setzte – es wird wohl wieder einige Diskussionen geben.

Auch das 2:0 unmittelbar nach der Pause entsprang nicht gerade einer verwirrenden Kombination – aber es zeigte zumindest in Ansätzen die außergewöhnliche Stärke des Mario Gomez, an der zuletzt immer mehr Zweifel aufgekommen waren. Auf der rechten Seite geriet der Stuttgarter in einen Zweikampf mit James Collins: Gomez strauchelte, er ging zu Boden, behauptete trotzdem den Ball, rappelte sich wieder auf – und passte den Ball in die Mitte. Dort stand zwar kein Mitspieler, aber Williams hielt seinen Fuß in die Flugbahn und lenkte den Ball ins eigene Tor. „Gutschreiben müsst ihr mir das aber nicht“, sagte Gomez lächelnd.

Es war ein wichtiger Sieg für die Deutschen, mit dem sie die Führung in ihrer Qualifikationsgruppe behaupteten. Russland quälte sich als erster Verfolger zu einem 1:0 in Liechtenstein. Viel Glanz boten aber auch die Deutschen nicht. Oder wie Michael Ballack es ausdrückte: „Spielerisch ist noch viel Luft nach oben.“ (Tsp)

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