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Sport: Deutschlands Eishockey-Nationalspieler müssen nach dem 2:3 gegen die Slowakei Ehrenrunden laufen

Es ist der wichtigste Tag des Jahres in Crimmitschau. Schon zwei Stunden vor dem Großereignis geht es auf dem Parkplatz im Sahnpark hektisch zu.

Es ist der wichtigste Tag des Jahres in Crimmitschau. Schon zwei Stunden vor dem Großereignis geht es auf dem Parkplatz im Sahnpark hektisch zu. "Nicht mehr als einen halben Meter Abstand zwischen den Fahrzeugen", ruft der Parkwächter, "heute wird es voll." Ein paar Meter weiter stoßen die Protagonisten des Abends auf ungeahnte Probleme. Der halbe Park steht unter Wasser, ist kaum ausgeleuchtet. Fabian Brännström joggt im Dunkeln, sein Warmlaufen endet auf einem Nebenpfad in einer knöcheltiefen Pfütze.

Brännström ist Profi der zweitklassigen Düsseldorfer EG. Außerdem Nationalspieler des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) und damit einer der Stars des 10. Novembers von Crimmitschau. Deutschland gegen Slowakei - in Berlin oder Köln hätte diese Ansetzung selbst hartgesottene Fans nicht in Begeisterung versetzt. Anders in Crimmitschau, der kleinen Stadt mit der großen Eishockey-Tradition. Die hatte die DDR-Oberen nicht interessiert. Nachdem sie Eishockey "als nicht förderungswürdig" eingestuft hatten, wurde der Laden dicht gemacht. Erst nach der Wende hatte das Leid ein Ende, das "Kunsteisstadion Sahnpark" wurde aufgemöbelt und bekam sogar ein Dach. Gemütlich ist es in der an zwei Seiten offenen Halle trotzdem nicht. Trotzdem kommen bis zu 6500 Zuschauer zu den Spielen des drittklassigen ETC Crimmitschau.

Am Mittwoch gab es erstmals seit der Wende ein Länderspiel zu bestaunen. Trotz klirrender Kälte haben bereits anderthalb Stunden vor Spielbeginn alle der rund 5000 Zuschauer ihre Plätze eingenommen - stehend. Als die Teams einlaufen, wird es einem Angst und Bange um die nicht gerade als Meisterwerk der Statik erscheinende Betontribüne. Es folgt ein belangloses erstes Drittel eines belanglosen Spiels. In der ersten Pause gibt es eine Ehrung für Spieler der DDR-Auswahl von 1966. Ihnen ist nachträglich die Bronzemedaille in der Europameisterschaftswertung von 1966 zuerkannt worden. Verhaltener Beifall. Tosender Applaus hingegen, als sich DEB-Sportdirektor Franz Reindl per Mikrofon für "die tolle Unterstützung unserer Mannschaft" bedankt.

Im Stadion ist kein Platz für Ostalgie. Die DDR, die das Eishockey und damit Crimmitschau nicht wollte, sie ist im Sahnpark vergessen. Hammer und Zirkel sind auf Fan-Accessoires verpönt. "10. November, Länderspiel Deutschland gegen Slowakei" - die T-Shirts, die an das historische Datum erinnern sollen, finden ihre Abnehmer. "Unsere Mannschaft" ist gespickt mit jungen Nobodies. Trotz der 2:3-Niederlage ist die Stimmung enthusiastisch. Die Verlierer müssen Ehrenrunde um Ehrenrunde drehen. Und als die Fans immer noch nicht gehen wollen, bedanken sie sich mit der Welle. Verteidiger Jörg Mayr ist beeindruckt: "Das war grandios, so etwas findest du in keinem anderen Stadion."

Bei soviel Freude will selbst der Bundestrainer kein Miesepeter sein. Trotz der Niederlage ist Zach für seine Maßstäbe beinahe euphorisch. "Ich fühle mich hier zu Hause. Die Leute sind einfach, freundlich und nett. Trotzdem mischt sich am späten Abend Trauer in die Freude über den Tag, an dem Crimmitschau wieder auf der internationalen Eishockey-Landkarte aufgetaucht ist. "Ja, nun ist es schon wieder Geschichte, dieses erste Länderspiel in Crimmitschau seit 30 Jahren", seufzt Toni Besser, Geschäftsstellenleiter des ETC. Das erste wird bestimmt nicht das letzte gewesen sein, beruhigt Reindl. "Wenn wir nur immer vor so einer Kulisse spielen könnten..." Schon gestern, in Regensburg, wurde das Nationalteam wieder in die Realität entlassen. Die international zweitklassige DEB-Auswahl, sie ist außerhalb des Sahnparks derzeit keine Attraktion. Vielleicht hätte sie zum zweiten Spiel gegen die Slowakei gleich in Crimmitschau bleiben sollen.

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