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Sport: Die Begeisterung bleibt auf der Strecke

Das erste Formel-1-Rennen in Singapur ist vor allem Business – die Tickets sind für viele Fans zu teuer

BMW-Motorsport-Direktor Mario Theissen glaubt, dass der Große Preis von Singapur für die Formel 1 das Highlight des Jahres werden könnte. Mercedes-Sportchef Norbert Haug schwärmt von den „atmosphärisch faszinierendsten Bildern, die es in der Formel 1 je gab“. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bekommt von allen Seiten Komplimente über „das Größte, was er je geschaffen hat“. Er selbst spricht von einem Maßstab, an dem sich alle Veranstalter in Zukunft orientieren müssen. All das klingt nach einem vollen Erfolg des großen Nachtspektakels in der asiatischen Bankenmetropole. Aber hat Singapur tatsächlich das Potenzial, die neue Glamourstadt der Formel 1 zu werden? Auf den Spuren von Monaco, Montreal, Melbourne oder Adelaide?

Das kann schon deshalb nicht so richtig klappen, weil die Stadt der strengen Regeln und Verbote, die etwa das Wegwerfen einer Zigarettenkippe auf der Straße mit 250 Euro bestraft, auch für die Formel 1 nicht unbedingt lockerer wird. Die Zahl der (zum Teil bewaffneten) Sicherheitskräfte rund um die Strecke ist enorm. An allen Eingängen gibt es Taschenkontrollen und Sicherheitsschleusen wie am Flughafen, am Eingang zum Fahrerlager noch einmal Extrakontrollen – sehr zur Freude der Fernsehschaffenden, die dort etwa 20 Mal am Tag hindurch müssen.

Gegen Singapur als neue Formel-1-Metropole spricht auch, dass die Leute auf der Straße mit dem Sport an sich noch sehr wenig anfangen können und dem Spektakel, das sich da auf den Straßen ihrer Stadt abspielt, deshalb auch nicht unbedingt viel abgewinnen. Sie sehen oft zuerst einmal die Unannehmlichkeiten, die zum Beispiel durch die umfangreichen Straßensperrungen schon im Vorfeld entstanden. „Das macht nur das Geschäft kaputt, man kommt ja nirgends mehr hin“, schimpften viele Taxifahrer – wobei das Problem zum Teil auch in mangelnder Beschilderung lag. Viel Zusatzgeschäft erwarten auch die Händler in den Shoppingcentern gerade in der Nähe der Strecke nicht, eher im Gegenteil, denn sie befürchten, dass die Einheimischen bei dem Chaos lieber zu Hause bleiben. „Die Tickets könnten sich die meisten Normalbürger sowieso nicht leisten. Und dass alles abgesperrt ist, dass man von außen nicht mal einen Blick erhaschen kann, war vielleicht auch nicht so clever“, beschweren sich einige, die im supermodernen Geschäftsviertel direkt neben der Strecke arbeiten, „so findet man keine neuen Fans.“

Mario Theissen hat von diesen Dingen gehört. „Es gibt sehr unterschiedliche Aussagen. An manchen Stellen höre ich, dass die Leute wirklich elektrisiert sind“, sagt er. „Singapur ist eine Metropole Asiens, vielleicht die Nummer eins, was Business angeht. Entsprechend viele Firmen sind hier mit Gästen vertreten. Das spielt eine große Rolle und ist wichtig für die Zukunft der Formel 1.“

Generell bekommt man den Eindruck, dass das Rennen für die Formel 1 als Business tatsächlich ein sehr wichtiger Faktor ist – genauso wie umgekehrt für die Businessstadt Singapur. „Die Publicity durch das Grand-Prix-Rennen bringt der Stadt sicher etwas, speziell weil es ein Nachtrennen ist. Das wird weltweit große Aufmerksamkeit erregen“, sagt auch der ehemalige Formel-1-Pilot Marc Surer aus der Schweiz. Aber auch er hat so seine Zweifel an der Resonanz beim Publikum: „Ob sich die einheimischen Zuschauer dafür motivieren können, weiß ich nicht.“

Die andere Frage ist, ob die Fernsehsportart Formel 1 nicht gerade hier andere Maßstäbe anlegt, zumindest so lange die Tribünen nicht gänzlich leer bleiben. Für das heutige Rennen sollen sie angeblich zu 99 Prozent ausverkauft sein – wofür wohl auch zum größeren Teil in Singapur ansässige Europäer aus den großen Firmen sorgen.

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