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Keine Party-Time. Maria Riesch gehört zu den Favoritinnen und nimmt das Rennen so ernst wie es ihre Gegnerinnen tun.

© dpa

Skisport: Die Gaudi hat ein Ende

Der Parallelslalom in München steht für die Zukunft des alpinen Skisports – mit hochmotivierten Stars.

Am Samstagmorgen strahlten zwei kleine Monde auf dem Münchner Schuttberg über dem Olympiagelände. Man hätte sie in übernächtigtem Zustand durchaus für besonders ausdauerndes Silvesterfeuerwerk halten können, zumal in der Nacht zuvor Tausende Münchner auf den aus den Trümmern des Zweiten Weltkriegs aufgeschütteten Berg geklettert waren, um dort ihre Raketen zu zünden und das Feuerwerk über der Stadt zu beobachten. Doch was am Samstagmorgen dort strahlte, war etwas anderes: die Zukunft des alpinen Skisports.

Die beiden Flutlichtmasten auf dem Olympiaberg bestrahlten die 200 Meter lange Strecke für den heutigen Parallelslalom der weltbesten Skirennfahrer in München (16.45 Uhr) und sind tatsächlich ein Hinweis auf die Zukunft. „Ein Problem des alpinen Skisportes ist auch die Überalterung des Publikums“, hat Wolfgang Maier, der Sportdirektor Alpin im Deutschen Skiverband (DSV), festgestellt. Die neue Disziplin Skicross, die in der vergangenen Saison eine vielbeachtete olympische Premiere gefeiert hatte, hat es in dieser Hinsicht besser. „Der Skicross wird wesentlich jünger dargestellt, da kommt keine andere Wintersportart ran“, sagt Maier, „das Paket, mit dem man die Alpinen verpackt, ist in vielen Dingen nicht mehr zeitgemäß.“ Mit dem Parallelslalom in München beginnt der Internationale Skiverband (Fis), einige Elemente aus dem Skicross für die klassischen Alpin-Fahrer zu übernehmen.

So wird heute auf der in zirka 20 bis 25 Sekunden zu bewältigenden Strecke im Olympiapark der Kampf Mann gegen Mann beziehungsweise Frau gegen Frau im Mittelpunkt stehen. In allen anderen Weltcuprennen fahren die Rennläufer lediglich gegen die Uhr. „Das direkte Ausscheidungsfahren ist eine Herausforderung für die Aktiven“, sagt Maier. In zwei Durchgängen müssen sie sich gegen ihren Gegner durchsetzen, um eine Runde weiter zu kommen. Der Verlierer des ersten Durchgangs startet mit entsprechendem Zeitrückstand in den zweiten Durchgang, ein Prinzip, das man aus dem Parallelriesenslalom im Snowboarden kennt. Beim Start in der ungewohnt niedrigen Höhe von 564 Meter über dem Meeresspiegel können sich die Skirennfahrer aus dem Tor abstoßen. Einige haben diesen neuen Start zuletzt sogar trainiert. Denn es lohnt sich erstmals für die Athleten, solch einen eher ungewöhnlichen Wettbewerb ernst zu nehmen.

Schon früher hat es ähnliche Veranstaltungen in Großstädten gegeben: Berlin auf dem Teufelsberg 1986, München 1987, Moskau 2008 und 2009. Doch das waren Gaudi-Veranstaltungen, in dieser Saison erhält die Gaudi eine sportliche Bedeutung, weil in München 100 Punkte für die Gesamtweltcupwertung (und insgesamt 40 000 Schweizer Franken Siegprämie) vergeben werden. „Das Rennen hat eine hohe sportliche Wertigkeit“, sagt Felix Neureuther. Der Garmisch-Partenkirchener kommt über eine Wildcard des Veranstalters zum Einsatz, die übrigen 15 Starter bestimmt die Weltcupstartliste, eine Gesamtwertung aller Disziplinen. Die Weltcuppunkte haben namhafte Fahrer nach München gelockt, allerdings werden viele Slalomspezialisten fehlen, weil sie in der Gesamtliste nicht weit genug vorne platziert sind. Trotzdem sagte Maier: „Das ist kein Pillepalle, da wird richtig heftig Ski gefahren.“

Bei den Frauen kämpfen neben den deutschen Fahrerinnen Maria Riesch, Viktoria Rebensburg und Susanne Riesch (die für die erkrankte Kathrin Hölzl an den Start geht) die US-Amerikanerinnen Lindsey Vonn und Julia Mancuso, die Slowenin Tina Maze, die Österreicherin Elisabeth Görgl und Fabienne Suter aus der Schweiz um den Sieg. Bei den Männern ragen die US-Amerikaner Bode Miller und Ted Ligety, die Österreicher Benjamin Raich und Reinfried Herbst, der Norweger Aksel Lund Svindal oder der Kroate Ivica Kostelic heraus. „Die Spannung ist schon groß“, sagt Maria Riesch. Die Doppel-Olympiasiegerin von Vancouver zählt als Drittplatzierte in der Slalom-Gesamtwertung zu den großen Favoritinnen in München.

Für den heutigen Slalom haben die Veranstalter sogar den Olympiasee abgelassen, damit am Fuße des Berges – oder besser des nur 50 Meter hohen Hügels – rund 15 000 Zuschauer Platz haben. Der besondere Aufwand der Münchner Olympiapark GmbH wird natürlich von der Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018 bestimmt. Der Parallelslalom ist ein gutes PR-Tool, er rückt die Stadt wieder in den internationalen Wintersportkalender und richtet die Aufmerksamkeit auf das Gelände im Olympiapark. „Wir können mit einem weiteren Highlight glänzen und zeigen, dass wir in der Lage sind, ein Großevent durchzuführen“, sagt Olympiapark-Chef Ralph Huber.

Der Internationale Skiverband hingegen kann weiter für die Zukunft lernen. „Derartige Rennformate werden die klassischen Alpinrennen nicht ersetzen, das ist auch gar nicht das Ziel“, sagt Maier, „aber sie sind eine sehr gute Möglichkeit, junge Leute mit unserem Sport anzusprechen.“ Am liebsten hätte der Verband in diesem Winter schon weitere Parallelslaloms veranstaltet. Und zwar nicht nur in München. Sondern auch in New York, Paris und London. Höhere Buckel als in München haben sie da auch nicht

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