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Sport: Die Hoffnung ist zurück

Fredi Bobic bringt mit seinem Tor in der 88. Minute Hertha BSC wieder in die richtige Richtung

Berlin. Es zählt zu den Eigenheiten des Fußballs, dass Mannschaften, die ohnehin nicht besonders glücklich dastehen, sich auch noch vom Schicksal benachteiligt fühlen. Hertha BSC hat dieses Gefühl gestern Abend wieder gehabt. Es liefen bereits die letzten Minuten im Spiel gegen den VfB Stuttgart, als der Ball zum zweiten Mal im Tor des Gegners landete. Doch wieder erkannte Schiedsrichter Kinhöfer den Treffer nicht an. Anstatt Richtung Mittelpunkt zu weisen, zeigte er Marcelinho die Gelbe Karte. Er hatte den Freistoß zu früh ausgeführt. Das Stadion tobte. Marcelinho aber durfte ein zweites Mal zum Freistoß antreten. Wieder schlug er den Ball präzise in den Stuttgarter Strafraum, diesmal fand er den Kopf von Fredi Bobic und von dort flog der Ball zum dritten Mal ins Tor. Es war drei Minuten vor Schluss das 1:0 für Hertha BSC.

„Das war der wichtigste Sieg der letzten sieben Jahre“, sagte Pal Dardai nach dem Erfolg gegen den bisherigen Tabellenzweiten der Fußball-Bundesliga. Das mag sich übertrieben anhören, ist es aber wahrscheinlich nicht. Noch immer liegt Hertha zwar am Ende des Klassements. Doch der Sieg hat die Hoffnung nach Berlin zurückgebracht. „Wir haben es heute selbst in die Hand genommen“, sagte Hans Meyer.

Herthas neuer Trainer hatte in der vergangenen Woche, nach dem 0:4 zum Rückrundenstart in Bremen, noch geklagt, dass er offensichtlich der letzte Optimist in der ganzen großen Stadt sei. Aber selbst für einen durch und durch zuversichtlichen Menschen wie Meyer kann es nicht einfach sein, immer weiter an das Positive zu glauben, wenn sich alles gegen einen verschworen zu haben scheint. Wenn wichtige Spieler gleich reihenweise verletzt ausfallen. Wenn vermeintliche Leistungsträger versagen, wie Marcelinho vor einer Woche bei seinem kläglichen Rückpass, der die Niederlage in Bremen einleitete. Oder wenn Linienrichter Dinge sehen, die nicht passiert sind, so wie gestern Rainer Werthmann in der zehnten Minute, als er Andreas Neuendorf nach einem Doppelpass mit Fredi Bobic im Abseits wähnte. Neuendorf erzielte das erste 1:0 für Hertha. Es zählte zu Unrecht nicht.

Anders als in Bremen ließen sich die Berliner von diesem Schlag jedoch nicht einschüchtern. Selbst als Hertha am anderen Ende des Spiels auch noch das zweite 1:0 aberkannt worden war, hatte Dieter Hoeneß „das Gefühl, dass wir noch eine Chance haben“.

Vielleicht war ein bisschen Aberglaube dabei. Herthas Manager hatte diesmal nicht auf der Trainerbank gesessen, sondern das Spiel allein mit seinem Assistenten Jochen Sauer von der Haupttribüne aus verfolgt. Erst nach dem dritten und endgültigen 1:0 „hat es mich nicht mehr oben gehalten“, sagte Hoeneß.

Stuttgarts Trainer Felix Magath klagte nach dem Spiel: „Wir haben zu wenig getan, um uns auch nur einen Punkt zu verdienen.“ Hertha gewann, „weil wir hier nett waren“ und weil die Berliner von der ersten Minute an den entschlosseneren Eindruck machten. Aus dem Spiel ließen sie nicht eine einzige Torchance für den VfB zu. „Abwehrmäßig haben wir es richtig gut gemacht“, sagte Hans Meyer, der überraschend den erst 20 Jahre alten Sofian Chahed in der Defensive aufgeboten hatte. Der U-20-Nationalspieler hatte den Auftrag, Stuttgarts Spielmacher Alexander Hleb zu bewachen. „Wir freuen uns über unseren Glücksgriff“, sagte Trainer Hans Meyer nach dem Spiel.

Der zweite Glücksgriff war Giuseppe Reina, der nicht mal eine Stunde im Trikot von Hertha BSC benötigte, um zum neuen Liebling des Berliner Publikums aufzusteigen. In der zweiten Halbzeit riefen die Zuschauer bei jeder Ballberührung seinen Namen. „Das hat ja jeder gesehen, dass er eine richtige Belebung ist“, sagte Meyer. Allerdings werde man nach diesem Spiel ohnehin niemanden finden, „über den ich etwas Kritisches sage“.

Hoeneß fand es erfreulich, „dass wir mehrere Spieler hatten, die ihre Normalform erreicht haben. Das ist das, was wir über Monate vermisst haben.“

Vermisst haben sie auch solche Erfolgserlebnisse. Das 1:0 war erst der zweite Heimsieg in dieser Saison, der erste seit drei Monaten. Auch deshalb könne von einem Befreiungsschlag noch gar keine Rede sein, sagte Meyer. „Es ist eine angenehme Sache. Für eine Woche.“ Immerhin.

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