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Fingerspitzengefühl. HSV-Torwart Bitter brachte Hamburg zurück ins Spiel. Foto: dapd

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Sport: Die Maschine ist besiegt

Hamburg gewinnt endlich einmal gegen Kiel und träumt von der Meisterschaft

Als dieses dramatische Handballspiel auf allerhöchstem Niveau beendet war, wurde Dierk Schmäschke ein wenig sentimental. „War das eine tolle Stimmung“, schwärmte der Vizepräsident des HSV Handball. Über 13 000 Fans bejubelten den 26:25-Sieg der Hamburger gegen den THW Kiel sowie die Tabellenführung mit 22:2 Punkten.

Handball boomt in Hamburg. Die letzten drei Spiele waren immer ausverkauft. Zur Kontrastierung erzählte Schmäschke eine Geschichte aus früheren Zeiten, als er noch Manager bei der SG Flensburg-Handewitt war. „Damals hat mich einmal der HSV angerufen und beklagt, die Halle sei nicht voll, da haben wir dann 2000 Karten für drei Euro das Stück gekauft und einen Sonderzug eingesetzt.“

Die entrückte Seligkeit auf den Rängen war auch Ausdruck der Erleichterung. Seit 2003 hatten sie zu Hause nicht mehr gegen Kiel gewonnen, zuletzt gab es im Mai eine 31:33-Niederlage, dadurch wurde die sicher geglaubte Meisterschaft doch noch verloren. Von einem Trauma wollte HSV-Linksaußen Stefan Schröder nicht sprechen, aber natürlich nage ein solches Erlebnis an den Seelen der Profis.

Wie eine Maschine war Kiel in den letzten Jahren aufgetreten, frei von Selbstzweifeln, ausgestattet mit dem Selbstbewusstsein aus sechs Meistertiteln in Serie. Und auch in Hamburg lagen sie zur Pause mit vier Toren vorn, angeführt vom überragenden Kreisläufer Marcus Ahlm. Doch die Kieler gaben den Vorsprung wie auch die Tabellenführung noch aus der Hand. Auch der THW, so lautete das überraschende Fazit des Abends, kann ein wichtiges Handballspiel verlieren – wie zuvor schon bei den Füchsen Berlin.

Die Hamburger sind spätestens seit 2007 ebenfalls Weltklasse, aber erst jetzt scheinen sie mit Kiel nicht nur körperlich und handballerisch, sondern auch mental auf Augenhöhe zu sein. Dennoch hielten sich die Sieger zurück. Zu oft hat sie Kiel auf der Schlussgeraden noch überholt. Keinesfalls bedeute der Sieg eine Entscheidung im Meisterschaftskampf, erklärte HSV-Torwart Johannes Bitter, der sein Team in den letzten 20 Minuten mit seinen Paraden zurück ins Spiel gebracht hatte. „Wir sollten jetzt nicht sofort an die Meisterschaft denken – dann geht das schief.“ Am offensivsten äußerte sich noch Schmäschke: „Wir wollen da ganz oben hin, das muss unser Anspruch sein.“

Kiel steckte die Niederlage äußerlich gelassen weg. „Wir haben das Spiel einfach nicht zugemacht“, sagte Kapitän Ahlm. Rückraumstar Filip Jicha wies darauf hin, dass sein Team aufgrund der Verletzung von Christian Zeitz offensiv stark beeinträchtigt gewesen sei. „Ohne Linkshänder im Rückraum ist das ein sehr kompliziertes Spiel im Angriff“, sagte der Tscheche, man habe trotz dieses Handicaps „sehr guten Handball gespielt“. Jicha weiß aber auch, dass sich der THW nun nicht mehr viele Rückschläge erlauben darf. „In den letzten Jahren hatte der Meister immer sechs oder sieben Minuspunkte.“ Der deutsche Klubhandball ist so spannend wie schon lange nicht mehr.

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