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Sport: Die Selbstbewussten

Deutsche Sprinter können sich wieder sehen lassen

Tobias Unger gab sich alle Mühe, ernst zu bleiben. Natürlich, sagte er mit fast unbewegtem Gesicht, habe er bisher von Athen mehr gesehen als bloß die Tartanbahn des Olympiastadions. Zwei Sekunden Pause. Dann musste der Sprinter Unger doch grinsen. „Grasflächen“, sagte er. „Ich habe Läufe auf Gras absolviert.“ Er ist einfach zu gut, er hat keine Zeit fürs nicht-sportliche Programm. Tobias Unger von Salamander Kornwestheim steht in Athen, zusammen mit Sebastian Ernst von Schalke 04, für den Aufschwung der deutschen Sprinter. Beide standen im Halbfinale über 200 m, Unger zog sogar ins Finale ein. Ein deutscher Sprinter im olympischen Endlauf über 200 m, das hat es zuletzt 1984 gegeben – auch wenn Unger dann mit 20,64 Sekunden nur den siebten und letzten Platz belegte.

Die deutschen Sprinter sind lockerer, selbstbewusster, nervenstärker als früher. Unger und Ernst sind nur die Spitze. Fünf Läufer blieben bei der deutschen Meisterschaft unter 20,70 Sekunden, vier Athleten erfüllten die Olympianorm.

Sie treten wieder als Gruppe auf, das hat sich verändert. Vor dem Halbfinale habe er mit Unger „viel Späßchen und Faxen gemacht“, sagt Ernst. Sie haben sich auch ein bisschen inszeniert auf dem Einlaufplatz. Die US-Amerikaner, die im Finale die ersten drei Plätze belegten, machen das auch. Sie zeigen das Selbstbewusstsein, das Gegner einschüchtern soll. Aber bei Unger und Ernst funktioniert das nicht mehr. Unger erzählt, wie er vor dem Halbfinale Uwe Hakus, dem Chef-Bundestrainer Sprint, gesagt hat: „Uwe, heute ist mehr drin.“ Eigentlich hatte er gedacht, nach seinen 20,30 Sekunden im Zwischenlauf, „die Luft ist raus. Das Halbfinale war mein Ziel.“ Aber dann sprintete er ins Finale. Typen wie Unger und Ernst sehen Dopingfälle wie den von Konstantinos Kenteris als zusätzlichen Kick. „Ich bin froh, dass jetzt solche Leute aus dem Verkehr gezogen werden“, sagt Unger. Und Ernst erklärte: „Wir wollen allen Dopern zeigen, dass auch saubere Athleten schnell laufen können.“

Das können die Deutschen in der 4 x 100-m-Staffel demonstrieren. Das deutsche Quartett liegt derzeit mit 38,30 Sekunden auf Rang zwei der Jahres-Weltrangliste. Uwe Hakus freilich, der Bundestrainer, hat jetzt doch das Gefühl, dass er eingreifen muss. „Rang zwei lässt sich nicht automatisch auf einen Medaillenrang hochrechnen. Wenn wir Sechster werden, ist das auch ein Erfolg.“

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