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Sport: Die Taktiker

Die Holländer Slippens und Stam sind das erfolgreichste Sechstageteam dieser Saison

Berlin - An ihr erstes Sechstagerennen Ende 1998 in der Dortmunder Westfalenhalle können sich Robert Slippens und Danny Stam noch gut erinnern. Die beiden Holländer wurden Letzte, „wir hatten 56 Runden Rückstand“, erzählt Slippens. Das habe ihm gar nicht so viel ausgemacht, behauptet Slippens sechs Jahre später. „Wir waren kaputt, aber es hat immer noch Spaß gemacht.“ Danny Stam hat andere Erinnerungen an die sechs Tage des Hinterherstrampelns: „Es gibt Momente, in denen denkt man, jetzt hör ich auf und mache etwas anderes.“

Rolf Aldag und Silvio Martinello siegten damals vor den Schweizern Bruno Risi und Kurt Betschart. Martinello hat seine Karriere mittlerweile beendet, Aldag gewann auch in dieser Saison in Dortmund, ist aber bei den Sixdays im Berliner Velodrom nicht am Start. Dort führten nach der ersten Nacht, wieder einmal, Risi und Betschart, mit zwei Punkten vor Robert Bartko und Guido Fulst. Weitere zwei Zähler dahinter: das Duo Slippens/Stam.

Die Kojen der Holländer und Schweizer im Fahrerlager liegen direkt nebeneinander, in der Kurve der keinen halben Meter entfernten Bahn. Wenn Steher oder Sprintstars hier in den Pausen vorbeirasen, hockt sich Slippens zum Plaudern zu den Kollegen in die Koje nebenan. Nicht nur räumlich sind sie aneinander gerückt. Aus den Lehrlingen sind ernsthafte Konkurrenten geworden. Risi und Betschart haben gemeinsam 35 Sechstagesiege errungen, den letzten davon am Dienstag in Stuttgart. Slippens und Stam kommen erst auf fünf Siege – doch davon drei in dieser Saison, in Amsterdam, Gent und Rotterdam. Keine andere Mannschaft war erfolgreicher.

Ein vierter Sieg war möglich, in Bremen vor zwei Wochen lagen der 29-jährige Slippens und der 32-jährige Stam vor der letzen Jagd auf Rang zwei – und mussten aufgeben. Stam konnte wegen Magenproblemen nicht weiterfahren. Inzwischen ist er wieder gesund, das Handtuch schlingt er sich in Rennpausen nur als Vorsichtsmaßnahme um den Hals, damit er sich nicht erkältet. „Viele andere Fahrer sind krank, weil es in der Stuttgarter Halle so zieht“, sagt Stam. Die Gesundheit könnte am Ende ein entscheidender Pluspunkt sein.

Stam kam früh zum Radsport, schließlich war sein Vater Cees viermal Weltmeister der Steher. Bei diesen Rennen fährt der Sportler im Windschatten eines Motorradfahrers über die Bahn, der als Schrittmacher dient. „Ich habe mich auch als Steher versucht“, erzählt Stam, „früher waren diese Rennen viel populärer als jetzt.“ Dass er nicht bei den Stehern blieb, zahlte sich aus. Mit Slippens wurde er 2002 Zweier-Weltmeister und 2004 WM-Dritter. In der Weltrangliste belegten sie am Ende des vergangenen Jahres die Plätze drei und vier hinter Franco Marvulli und Risi. 700 bis 800 Kilometer legen sie bei einem Sechstagerennen zurück, schätzt Slippens. Eine lange Strecke, auf der man viele Fehler machen, aber auch viel lernen kann. „Wir trainieren vielleicht ein bisschen mehr als früher“, sagt Slippens, doch entscheidend sei die Erfahrung, die sie in all den Jahren gewonnen hätten. „Wir wissen, wann wir angreifen müssen und wann nicht. Früher ist es vorgekommen, dass wir in den ersten drei Tagen voll gefahren sind und dann ganz kaputt waren.“

Sie ergänzen sich gut, Slippens zählt zu den stärksten Sprintern des Feldes, Stam ist der Mann für die Distanz. Dass sie sich so gut aufeinander einspielen konnten, liegt auch daran, dass sie nur gemeinsam starten und nicht mit wechselnden Partnern wie viele Sechstagefahrer, die sich nach den Wünschen der Veranstalter richten müssen. „Wir haben zusammen angefangen und viel investiert. Jetzt sind wir erfolgreich und fahren nur zusammen, so wie Risi und Betschart“, sagt Robert Slippens. Wer nur einen der beiden verpflichten will, bekommt eine Absage.

Otto Ziege, der Sportliche Leiter des Sechstagerennen, traut dem Duo in Berlin „alles zu, von Platz eins bis fünf, sie sind sehr, sehr schnell. Sie greifen an, und jupp, schnell sind sie weg.“

Helen Ruwald

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