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Idol Afrikas. Kirsty Coventry, Olympiasiegerin von 2004 und 2008. Foto: AFP

© AFP

Sport: Diplomatin im Schwimmbecken

Kirsty Coventry, Tochter weißer Unternehmer, repräsentiert das Simbabwe des Robert Mugabe

Berlin – Sie benutzt ihn sehr selten, er ist ja auch mehr Symbol ihres Erfolgs. Nett, dass Kirsty Coventry einen Diplomatenpass besitzt, aber sie hat ja ihren normalen Reisepass, der genügt.

Kirsty Coventry ist Schwimmerin, sie ist nicht im Diplomatischen Dienst; sie ist zweimalige Olympiasiegerin über 200 Meter Rücken, sie gewann 2004 das erste Olympiagold überhaupt für ihr Land, 2008 folgte das nächste Olympiagold, und sie hält den Weltrekord über 200 Meter Rücken.

Der Staatschef war begeistert. Nach dem ersten Olympiasieg belohnte er Coventry mit dem Diplomatenpass. Für Simbabwe. Der Staatschef hieß Robert Mugabe. Ein Diktator, der weiße Farmer aus dem Land trieb und verkündete: „Ich will die Herzen aller Weißen mit Angst erfüllen.“

Kirsty Coventry ist weiß.

Mugabe terrorisiert immer noch das Land, und eine Frau mit langen, blonden Haaren, Tochter eines Unternehmer-Ehepaars, das durch Glück von den Verfolgungen verschont blieb, ist eines der Aushängeschilder dieser geschundenen Nation. Es ist eine unangenehme Konstellation, Kirsty Coventry weiß das natürlich, und am liebsten spricht sie deshalb über den Sport. In Berlin, beim Kurzbahn-Weltcup, ist sie nach dreizehnmonatiger Wettkampfpause wieder eingestiegen. Gestern belegte sie über 200 Meter Lagen Platz fünf und über 200 Meter Rücken Platz sechs.

Aber eine Kirsty Coventry lässt sich nicht auf Zeiten und Medaillen reduzieren, es geht um ihre Rolle. „Ich habe keine Probleme damit, das Aushängeschild zu sein, von dem auch Robert Mugabe profitiert“, sagt sie. „Ich repräsentiere Simbabwe, nicht Mugabe. Die Menschen zu Hause sind stolz darauf.“ Den Diktator hat sie zuletzt 2008 gesehen, ein Small-Talk-Termin. Die Treffen mit Mugabe sind durchorganisiert, es ist naiv zu erwarten, dass sie dort Missstände ansprechen könnte. Aber dann neigt Kirsty Coventry leicht ihren Kopf zur Seite, überlegt und sagt: „Ich hätte aber auch gar nicht gewusst, worüber ich mit ihm reden sollte.“ Über das soziale Elend zum Beispiel, über die Probleme armer Menschen.

Es ist nicht klar, inwieweit Kirsty Coventry einfach nur politisch vorsichtig ist, um keine Probleme zu bekommen, und wie sehr sie einfach weg ist vom Alltag in Simbabwe. Die Rücken-Spezialistin lebte und trainierte zehn Jahre lang in den USA, sie lebt seit einiger Zeit wieder in Südafrika und in Simbabwe, aber sie wechselt bald wieder zurück in die USA.

Für Dirk Lange, den deutschen Bundestrainer, davor jahrelang Cheftrainer von Südafrika, ist Coventry „eine Amerikanerin durch und durch“. Sie habe die Trainingskleidung ihrer US-Universität getragen, sie sei selten als Teil der – schwarzen – Nationalmannschaft von Simbabwe aufgetreten. „Sie repräsentiert bestimmt gerne ihr Land“, sagt Dirk Lange, „aber im Innersten ist sie ganz auf sich fixiert“.

Andererseits: Die Sportfans in Simbabwe „vergöttern sie“ (Lange). Als sie 2004 mit Olympiagold zurückkehrte, standen tausende Fans – vor allem schwarze – am Flughafen, unzählige Eltern nannten ihre neu geborenen Kinder Kirsty. Und wenn sie bei einem Wettkampf in Simbabwe antrat, „dann haben ihr die Fans zugejubelt“, sagt Lange. Aber sie hätten ein sportliches Idol gefeiert, keine politische Hoffnungsträgerin. Obwohl Coventry betont, sie wolle weibliche Sportler im Land fördern. Und obwohl sie Botschafterin einer Organisation ist, die schlecht ausgestattete Schulen in Simbabwe unterstützt.

In Simbabwes Hauptstadt Harare trainiert Coventry in einem der privaten Klubs, die einen Pool haben. Aber keine Sorge, sagt die 26-Jährige, es gebe auch öffentliche Pools, in die man Kinder bei geringem Eintritt schicken könne. Ob Familien dafür Geld haben, ist eine andere Frage.

Aber das ist nicht Coventrys vorrangiges Thema. Lieber redet sie davon, dass das Land so schön ist, dass in den Schulen Schwimmen große Bedeutung habe und im Land Schulpflicht herrsche. Einen anderen Punkt hat sie speziell ihren Landsleuten versucht klarzumachen: „Ich verdiene weniger Geld als viele meinen“, hat sie in einem Interview mit einer Zeitung in Simbabwe gesagt.

Nun ja. Robert Mugabe überreichte ihr ja nicht bloß einen Diplomatenpass. Für ihr zweites Olympiagold erhielt sie 100 000 Dollar.

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