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Sport: Doping für die Haare

Positiver Test bei den Paralympics: Der deutsche Rollstuhlbasketballer Ahmet Coskun muss abreisen

Im besten Falle ist es ein dummer Fehler eines eitlen jungen Mannes. Im schlimmsten Falle ist es das bewusste Vergehen eines Sportlers, der Monate lang eine verbotene Substanz eingenommen hat, um damit Dopingmittel zu kaschieren. In jedem Fall musste ein Mitglied des deutschen Paralympics-Teams noch am Mittwoch wegen eines Doping-Vergehens abreisen: Bei Ahmet Coskun, Rollstuhlbasketballer, hat die Nationale Doping-Agentur (Nada) im Urin den Wirkstoff Finasterid nachgewiesen. Der Stoff ist in Haarwuchsmitteln enthalten und steht auf der Liste der verbotenen Substanzen. Nach Auskunft des Mannschaftsarztes Jürgen Kosel bewirkt Finasterid keine Leistungssteigerung, es kann aber leistungssteigernde Dopingmittel verschleiern.

Die Probe stammt vom 23. August, sie wurde während eines Paralympics-Vorbereitungslehrgangs gezogen, sagte Karl Quade, Chef de Mission des 170 Sportler großen Teams. „Der Nada-Befund hat uns alle schockiert, zumal wir seit Jahren bei allen Sportärzten und Athleten-Veranstaltungen Präventionskampagnen fahren“, sagte Quade. Die Probe stamme zwar nicht aus der Zeit der aktuellen Wettkämpfe, doch sei nicht auszuschließen, dass der Flügelspieler aus München das Mittel während der Spiele eingenommen hat. „Das Ganze ist um so ärgerlicher, als dass man, wenn man auf die Nada-Seite im Internet geht, genau die Einnahme dieser Haarwuchspillen als Negativ-Beispiel präsentiert bekommt“, sagte Kosel.

Substanzen anderer Dopingmittel wurden bei Coskun nicht festgestellt, dies sei bei anderen Finasterid-Tests bei Sportlern durchaus der Fall gewesen. Dennoch könne Doping nicht ausgeschlossen werden. Denn es sei nun mal so, dass Finasterid andere Substanzen verschleiern könnte. „Ich habe an meine Haare gedacht und hatte keine Ahnung, dass das Haarwuchsmittel eine verbotene Substanz enthält. Ich bin völlig bestürzt, Doping ist mir nie in den Sinn gekommen“, sagte der oberschenkelamputierte Coskun gestern.

Bei den Paralympics wurden bislang rund 700 Dopingtests vorgenommen, ein irakischer Gewichtheber wurde positiv getestet. Für Athleten mit Behinderungen gelten die gleichen Testverfahren und Vorschriften wie bei den nichtbehinderten Olympioniken, sagte Teamchef Quade. Auf die Ergebnisse der Rollstuhlbasketballer, die gestern gegen Iran gewannen, wird das Vergehen keine Auswirkungen haben. Dennoch trübe das Ergebnis die Stimmung enorm, auch beim Frauenteam – das immerhin Europameister ist. Quade: „Ich bin stinksauer, die Mannschaftskameraden sind entsetzt.“

Der Fachbereichsleiter Basketball des deutschen Teams, Ulf Mehrens, beschreibt Coskun als „recht eitlen Menschen“. Er nehme es ihm ab, dass es ihm ausschließlich um das Frisieren der Haare und nicht der Leistung ging. Der Verstoß wird für den 33-jährigen Sportler sicher auch beruflich ein Nachspiel haben: Ahmet Coskun hat gerade sein Jura-Studium und sein Referendariat abgeschlossen. Da schmückt ein Doping-Vergehen den Lebenslauf nicht.

Die Paralympics im Internet:

www.tagesspiegel.de/paralympics

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