zum Hauptinhalt

Sport: Dopingfall Baumann: Nun ist die IAAF am Zuge - DLV-Rechtswart Prokop sieht den Leichtathleten noch nicht am Ziel

Theo Rous hatte Stress in den letzten Tagen. Anrufe von Frühstücksradios ebenso wie von den Spätdauertalkern, Statements vor Fernsehkameras.

Theo Rous hatte Stress in den letzten Tagen. Anrufe von Frühstücksradios ebenso wie von den Spätdauertalkern, Statements vor Fernsehkameras. Mit 65 könnte der pensionierte Studiendirektor durchaus kürzer treten. Doch er ist bei guter Gesundheit und als Vizepräsident im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zugleich zuständig für Dopingfragen. Mithin gefragt im Dopingfall Dieter Baumann.

So war der Dienstag Abend im Deutschen Olympischen Institut (DOI) am Kleinen Wannsee für Rous fast eine Erholung. Keine Fragen zu Haaranalysen, Tests oder Tätern. Statt dessen Gedankenaustausch über Otto Peltzer, der an jenem Tag 100 Jahre geworden wäre. Den eigenwilligen Weltrekordläufer (500 bis 1500 m) will der DLV mit einer "Otto-Peltzer-Medaille" würdigen.

Zur Aufhebung der Suspendierung Baumanns hielt sich Rous bedeckt: "Ich kann dazu erst etwas sagen, wenn ich die Begründung gelesen habe, denke aber, dass wir mit der DLV-Antidopingkommission nichts falsch gemacht haben." Die hatte dem Präsidium und das dem Rechtsausschuss mit 9:1 Stimmen eine zweijährige Wettkampfsperre vorgeschlagen. Das Kollegentrio habe "eindeutig Mist gebaut" meint David Merz (Berlin), Anwalt im schwebenden Dopingverfahren von Marathonläuferin Uta Pippig: "Wenn ich seinen Fall mit dem von Uta Pippig oder Katrin Krabbe vergleiche, ist hier mit unterschiedlichen Maßstäben gemessen worden. Bei Uta Pippig wissen wir noch immer nicht, welche verbotenen Substanzen angeblich gefunden worden sind."

Wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) gestern meldete, hat der Rechtsausschuss unter Regie von Wolfgang Schoeppe kalte Füße bekommen. Die Aufhebung von Baumanns Suspendierung hatte er vorab mit dessen Befund der Schamhaaranalyse begründet. Hochrangige Kapazitäten auf diesem Gebiet, Professor Klaus Müller (Kreischa) und Hans Sachs (München), indes haben Schoeppes Interpretation ("Kein Befund - also muss Baumann durch die Zahnpasta hereingelegt worden sein") als unzulässig verworfen. Nun hat Schoeppe das Straßburger Labor um eine zweite Analyse-Erläuterung gebeten...

Wie das Rennen um und mit dem des Dopings überführten - nach Definition der IAAF - Schwaben weiter geht, erläutert Clemens Prokop. Der 43-jährige Berufsrichter aus Saal/Donau, DLV-Vizepräsident Recht: "Sobald wir das Schrifstück vom Rechtsausschusses bekommen, geht eine Übersetzung an die Antidopingkommission des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF. Das erfolgt bei jedem nationalen Freispruch oder jeder Sperre." Dem IAAF-Gremium gehören neben Prokop der Vorsitzende Professor Ljungqvist (Schweden), Dr. Alonso (Spanien) sowie die Herren dal Monte (Italien) und Hickmann (USA) an. Die prüfen, warum supendiert oder nicht suspendiert wurde und leitet den Vorgang im Zweifelsfalle mit entsprechender Empfehlung an das IAAF-Schiedsgericht (arbitration pannel) weiter. In den Dopingfällen Ottey, Christie, Mitchell und Sotomayor ist das Schiedsgericht ausnahmslos der Bewertung der Kommission gefolgt und hat die national freigesprochenen Sünder nicht starten lassen.

Das Konstrukt mit dem Rechtsausschuss, der vom DLV-Verbandstag (der nächste im März 2001) gewählt wird, müsse - so Prokop - überdacht werden. Andere deutsche Verbände oder im Ausland arbeiten mit einem Verbandsgericht, andere lassen Dopingfälle von Präsidien oder Dopingkommissionen entscheiden. Er hält eine Berufungsinstanz wie beim Fußball-Bund für denkbar, um extreme Abweichungen in der Bewertung zwischen Präsidium und Rechtsausschuss zu klären. Zum aktuellen Fall sagt Prokop nur soviel: "Das Verfahren Baumann ist noch nicht beendet."

Ernst Podeswa

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false