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Sport: Dünne Beute

Hertha BSC spielt gegen Dortmund trotz vieler Chancen nur 0:0 und fällt aus den Uefa-Cup-Rängen

Berlin - Marcelinho ging mit nacktem Oberkörper vom Platz, um die Hüfte trug er seine späte Beute wie einen Lendenschurz, als wäre er besonders stolz darauf. Es handelte sich um das Trikot des Dortmunder Torhüters Dennis Gentenaar, das Marcelinho allein deshalb abgestaubt hatte, weil Gentenaar das Trikot von Marcelinho hatte haben wollen. Am Ende machten beide einen guten Tausch – im Gegensatz zu ihren Klubs Hertha BSC und Borussia Dortmund. Das 0:0 war zwar insofern gerecht, als jede Mannschaft eine Halbzeit lang die bessere gewesen war; im Kampf um einen Platz im Uefa-Cup hilft es jedoch keinem von beiden. Während die Dortmunder in den letzten vier Spielen der Fußball-Bundesliga sechs Punkte aufholen müssten, fielen die Berliner wegen der schlechteren Tordifferenz hinter Leverkusen auf Platz sechs zurück. „Man weiß nicht so richtig, ob man sich freuen oder ärgern soll“, sagte Herthas Verteidiger Dick van Burik.

Nach der ersten Hälfte überwog noch die Erleichterung, obwohl Hertha in der vierten Minute die erste Chance zur Führung gehabt hatte. Nach einem Fehler des Verteidigers Markus Brzenska lief Marcelinho allein auf Gentenaar zu, er legte den Ball an Dortmunds Torhüter vorbei, verpasste dann allerdings den Augenblick zum Schuss ins leere Tor. Gentenaar rappelte sich auf und rettete. „Das Einzige, was gefehlt hat, war ein Tor“, sagte Herthas Innenverteidiger Josip Simunic.

Bis zur Pause waren es aber vor allem die Dortmunder, die das Geschehen bestimmten und Chancen besaßen. Mathew Amoah scheiterte zweimal an Herthas Torhüter Christian Fiedler. Zeitweise gelang es den Berlinern kaum, sich aus der Belagerung der Dortmunder zu befreien. Abwehrspieler Christian Wörns schaltete sich mit einer erstaunlichen Hartnäckigkeit ins Offensivspiel der Borussen ein und schuf damit immer wieder Überzahl im Mittelfeld. „Wir waren immer irgendwie ein Mann weniger“, sagte Yildiray Bastürk, der in den vergangenen Wochen Herthas überragender Spieler gewesen war, in der ersten Halbzeit aber so gut wie gar nicht stattfand. Manager Dieter Hoeneß hatte „ein Riesenloch im Mittelfeld“ erkannt, „der Abstand zwischen Abwehr und Angriff war viel zu groß“.

Berlins Trainer Falko Götz klagte nach dem Spiel über „viel zu viel Respekt vor der Offensive von Borussia Dortmund“. In der Pause brachte er daher den jederzeit unerschrockenen Kevin-Prince Boateng für Oliver Schröder, zudem ließ sich Marcelinho ins Mittelfeld zurückfallen. In der Folge bekam Hertha einen immer stärkeren Zugriff auf das Geschehen, vor allem dank Marcelinho. „Ich habe schon lange kein Spiel mehr gesehen, in dem er eine so dominante Leistung gezeigt hat“, sagte Götz. Der Behauptungswille des Brasilianers endete allerdings gleich mehrmals einen entscheidenden Tick zu früh. In der 52. Minute hatte Marcelinho freie Schussbahn zum Tor, entschied sich allerdings, den Ball noch einmal abzuspielen – Dede konnte gerade noch vor Marko Pantelic klären. Und eine Viertelstunde vor Schluss war es Florian Kringe, der einen Torschuss des Brasilianers abblockte.

„Marcelinho in allerbesten Tagen hätte heute zwei, drei Tore gemacht“, sagte Hoeneß. Dass diese schlechte persönliche Bilanz jedoch mit mangelndem Selbstvertrauen zu begründen sei, bestritt Trainer Götz, der den Brasilianer zuletzt sechsmal hintereinander ausgewechselt hatte. „Wenn ich kein Selbstvertrauen habe, bekomme ich diese Chancen erst gar nicht“, sagte er. Hoeneß lobte Marcelinho dafür, dass er „viel Initiative ergriffen“ hatte, „das ist etwas, was wir in den letzten Monaten nicht so häufig bei ihm gesehen haben“. Auch im speziellen Fall Marcelinho wussten die Berliner nicht so recht, ob sie sich freuen oder ärgern sollten.

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