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Männer des Jahres. Die Bundesliga fand in Borussia Dortmund ihren jungen Meister und in Spielgestalter Sahin (r.) ihren Besten. Aber nicht jedes Comeback gelang, wie Michael Ballack auf der Leverkusener Ersatzbank (l.) und Dieter Hoeneß in der Wolfsburger Managerloge (2.v.l.) feststellen mussten. Bei den Trainerwechseln sah irgendwann keiner mehr durch, so dass Felix Magath seine Augen versteckte (o.). Wasser in den Augen hatte St. Paulis Idol Holger Stanislawski (u.,2.v.r.), dessen Ära am Kiez mit dem Abstieg endet. Den Aufstieg des Jahres legte Schalkes Torwart Manuel Neuer hin, auch wenn er in München nicht nur Freunde hat (u.,3.v.r.). Mönchengladbachs Schlussmann Marc-Andre ter Stegen (m.) war der beste der vielen jungen Torhüter, muss aber in die Relegation. Fotos: dapd (4), dpa (2), ddp

© dapd

Sport: Ein bisschen gerettet

Mönchengladbach erhält in der Relegation gegen Bochum eine zweite Chance

Das Spiel zwischen dem HSV und Borussia Mönchengladbach war bereits abgepfiffen, da erwiesen sich die Hamburger doch noch als vorbildliche Gastgeber. Eigens für die stattliche Delegation vom Niederrhein wurde auf die Videowände in der Arena die Sky-Konferenz gespeist, und so waren die Borussen-Fans live dabei, als in Dortmund das 3:1 gegen Eintracht Frankfurt fiel und der Abstieg des Gladbacher Konkurrenten damit endgültig besiegelt war. In der Südwest-Ecke des Stadions wurde der Treffer mit großem Jubel begleitet. Die Spieler auf dem Rasen zeigten nicht die geringste Reaktion.

„Es ist eine komische Stimmung“, berichtete Borussias Stürmer Mike Hanke, nachdem sich seine Mannschaft mit dem 1:1 in Hamburg in die Relegation gegen den VfL Bochum gerettet hatte. Dass die Borussia es angesichts der Vorgeschichte überhaupt so weit gebracht hat, ist schon eine fast unglaubliche Leistung. „Wir haben in den letzten Wochen hervorragende Arbeit geleistet“, sagte Hanke. Trotzdem hatten die Gladbacher große Mühe, ihre Emotionen wieder in die richtige Reihe zu bringen. Waren sie jetzt ein bisschen abgestiegen? Oder doch ein bisschen gerettet?

„Es gibt zwei Fälle: Entweder du musst in die Relegation. Oder du darfst in die Relegation“, sagte Borussias Sportdirektor Max Eberl. „Für uns gilt eindeutig der zweite Fall.“ Man kann gar nicht mehr aufzählen, wie oft die Borussen in dieser Saison schon abgestiegen waren. Zur Winterpause hatten sie gerade zehn Punkte, und als Lucien Favre im Februar Nachfolger von Trainer Michael Frontzeck wurde, lag die Mannschaft elf und zwölf Punkte hinter Frankfurt und St. Pauli zurück, jenen beiden Teams also, die sie in der Tabelle noch überholt hat.

„Es ist schon mehr als erwartet“, sagte Favre. „Aber am Ende zählt nur die Rettung.“ Seine Erleichterung wirkte in Hamburg größer als seine Freude oder sogar sein Stolz. Nach dem Abpfiff hielt er sich kurz die Hände vors Gesicht, er wischte sich einmal über die Wangen, ehe er zügigen Schrittes in die Kabine verschwand. Borussias Trainer wirkte äußerst verärgert, weil sich seine Mannschaft nach der Pause nahezu wehrlos ihrem Schicksal ergeben hatte. Mehr noch aber war er von den Aufregungen des Saisonfinales gezeichnet.

Zwischenzeitlich hatte es so ausgesehen, als könnte die verpfuschte Saison für die Gladbacher sogar noch ein triumphales Ende nehmen. Eine Dreiviertelstunde lang – zwischen dem 1:0 durch Arango und dem Ausgleich des HSV – lagen sie auf Platz 15 der Blitztabelle. Doch Favre empfand dies nur als scheinbar beruhigend. Vor allem die Nachricht von Frankfurts 1:0 traf ihn wie ein Schlag: „Du guckst auf die Anzeigetafel und weißt, beim nächsten Tor bist du tot. Das kann kein Spieler der Welt ausblenden.“

Seine Mannschaft hatte arge Probleme, mit all den Wendungen des Spieltags zurechtzukommen. „In der Halbzeit waren wir gerettet, zwischenzeitlich abgestiegen, und dann ist es die Relegation geworden“, sagte Hanke. Abgestiegen war seine Mannschaft – auch virtuell – nie, diese Ansicht entsprang einer optischen Täuschung. Dortmunds Ausgleich gegen Frankfurt wurde erst nach dem 1:1 des HSV auf der Anzeigetafel verkündet; in Wirklichkeit war er ein paar Sekunden zuvor gefallen. Doch auch so waren die Gladbacher mit der Situation ein bisschen überfordert. „Das sind Gefühle, die wir erst einmal verarbeiten müssen“, sagte Hanke.

An Aufregung wird es wohl auch in der Relegation nicht mangeln, zumal der VfL Bochum sich zuletzt zu einem Angstgegner für die Gladbacher entwickelt hat. Seit Oktober 1998 (1:0 im Pokal) haben sie nicht mehr gegen den VfL gewonnen, 15 Spiele sind sie seitdem ohne Sieg. Aber die Ausgangslage ist auch psychologisch interessant: Monatelang mussten die Gladbacher der Konkurrenz hinterherhecheln; jetzt haben sie scheinbar etwas erreicht – und damit erstmals wieder etwas zu verlieren. Mit solchen Szenarien will sich Lucien Favre nicht beschäftigen. „Wir dürfen keine negativen Gedanken haben“, sagt er. „Nur positive.“

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