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Geben die Richtung beim SCM vor: Co-Trainer Yves Grafenhorst und Coach Bennet Wiegert

© IMAGO/ Jan Huebner

Ein eingespieltes Team: Der Weg des SC Magdeburg zurück an die Handball-Spitze

Unter Bennet Wiegert und Yves Grafenhorst findet der Traditionsklub wieder zu alter Stärke. Heute trifft der Bundesliga-Tabellenführer auf die Füchse Berlin.

Der freie Tag war für Yves Grafenhorst mehr als willkommen. Am Freitag vor einer Woche ist der Co-Trainer des SC Magdeburg zum ersten Mal Vater geworden, für sein neues Familienglück hatte er aber nur wenig Zeit. Denn erst stand am vergangenen Wochenende mit der Mannschaft das Final Four in Hamburg an, ehe es von dort aus am Montag weiter zum European-League-Viertelfinalspiel nach Nantes ging.

Erst am Mittwochabend konnte er die Heimreise antreten. „Die ersten fünf Lebenstage meines Sohnes habe ich gar nicht richtig mitbekommen. Da war ich dann froh, dass ich jetzt einen Tag kuscheln konnte“, sagte der 38-Jährige. Viel Muße blieb ihm dafür nicht, denn mit dem SCM befand er sich schnell wieder im Vorbereitungsmodus auf das Spiel gegen die Füchse Berlin am Sonntag (14 Uhr/MDR und Sky).

Videomaterial sichten, taktisch wertvolle Sequenzen für die Spieler schneiden, Regenerationssteuerung – bevor die eigentliche Arbeit mit dem Team beginnt, hat das Trainerduo genug zu tun. „Aber da hat Benno die meiste Arbeit, weil er letztlich die Entscheidung trifft“, erklärt Grafenhorst die Zusammenarbeit mit Coach Bennet Wiegert. „Er hat schon gerne alles unter Kontrolle, macht das aber eben auch extrem gut. Er hat ein Auge und ein Ohr für sehr viele Sachen. Er merkt sofort, wenn es irgendwo klemmt und hat da eine Art Fehlerradar.“

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Seit fünf Jahren stehen die beiden gemeinsam an der Seitenlinie, sie kennen sich durch ihre jahrzehntelange Vereinsgeschichte beim SCM schon seit Jugendtagen. Und wissen, wie der jeweils andere tickt, wer wo welche Stärken und Schwächen hat und vertrauen sich ohne Vorbehalt. Zusammen haben sie es geschafft, den Verein zurück zum altem Glanz zu führen, so dass der SC Magdeburg 20 Jahre nach dem Titelgewinn in der Champions League wieder ein europäisches Spitzenteam geworden ist.

Dabei setzen Wiegert und Grafenhorst auf eine temporeiche Spielanlage, die weniger durch körperlich robuste Rückraumschützen geprägt ist, sondern eher auf Wendigkeit und Eins-gegen-Eins-Qualitäten. Oft gelobt als derzeit „schönster Handball der Bundesliga“ kam den Sachsen-Anhaltern in dieser Saison zugute, dass sie bisher überwiegend von Verletzungen verschont blieben. Wobei Grafenhorst anmerkt, dass das Team durchaus einige „Wehwehchen“ zu verkraften hatte. „Aber das haben wir absichtlich nicht kommuniziert, um nach außen mehr Stärke zu demonstrieren und den Gegner vor mehr Aufgaben zu stellen“, so der ehemalige Nationalspieler. Und die qualitativ breite Aufstellung des Kaders macht es eben möglich, dass Michael Damgaard mit Knieproblemen auf der Bank bleiben kann, dass ein angeschlagener Philipp Weber sich auskuriert.

Egal wer kommt, der Spielfilm läuft

Egal wer kommt, der Spielfilm läuft. Trotzdem sticht ein Spieler aktuell heraus: Omar Ingi Magnusson. Vor zwei Jahren von Wiegert, der ebenso als Sportvorstand fungiert, an die Elbe gelotst, avancierte der Isländer zu einem der besten Akteure der Bundesliga. Weil er anscheinend emotionslos jegliche Aufgaben erledigt, wird er von Grafenhorst gerne „Sniper“ genannt. Ganz so ruhig wie auf dem Feld sei der 25-Jährige allerdings nicht immer. „Er ist schon ziemlich spitzbübisch unterwegs“, berichtet Grafenhorst. Es ist etwas, das ihm auch auf dem Feld anzusehen ist. Seine Pässe kommen oft unerwartet, seine Spielintelligenz ist bemerkenswert. Da liegt es schon fast auf der Hand, dass Magnusson nicht selten mit der Magdeburger Legende Olafur Stefansson verglichen wird. Die Ähnlichkeiten der beiden Isländer kommen nicht von ungefähr, schließlich trainierte der Linkshänder Magnusson in der Jugendauswahl. „Er ist ein phänomenaler Spieler gewesen und ein großartiger Mensch. Ich habe viel von ihm lernen können“, sagt Magnusson, der beim SCM noch einmal einen Entwicklungssprung machte.

Schwer zu halten: Omar Ingi Magnusson
Schwer zu halten: Omar Ingi Magnusson

© IMAGO/ PanoramiC

Doch selbst ein Magnusson ist nicht fehlerlos, seine Trefferquote vom Siebenmeterstrich ist beispielsweise in dieser Saison gesunken. Trotzdem zeigt er sich unbeeindruckt: „Fehler gehören zum Spiel dazu. Da muss man weitermachen und sollte nicht zu viel darüber nachdenken.“ Im Fokus stehe ohnehin nur das nächste Spiel.

„Da kommt das Derby jetzt zur richtigen Zeit“, sagt Grafenhorst. „Das ist etwas, wofür jeder Sportler lebt und macht einfach Spaß.“ Bleiben die zwei Punkte in Magdeburg, ist der SCM der Meisterschaft einen großen Schritt näher. Gewinnt Berlin, bleiben die Füchse im Rennen um die Champions-League-Plätze. „Die nächsten anderthalb Monate werden alles entscheiden“, blickt Grafenhorst voraus. Er weiß, dass die freien Tage rar bleiben werden. Doch das nimmt er gerne in Kauf, wenn er Mitte Juni mit der Meisterschaftsschale kuscheln darf – samt Frau und Kind versteht sich.

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