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Sport: Ein Gespenst kehrt zurück

Wie vor drei Jahren spielt Bayer Leverkusen in der Champions League groß auf – im Achtelfinale soll noch lange nicht Schluss sein

Carsten Ramelow genoss die Situation. Seit 1996 ist er nun Profi bei Bayer Leverkusen, er war beteiligt an triumphalen Siegen und schmerzlichen Niederlagen in diesen acht Jahren. Ramelow kann die Dinge nüchtern und sachlich einordnen, doch selten war seine Genugtuung größer als nach dem 3:0 in der Champions League gegen Dynamo Kiew, das den Gruppensieg und den Achtelfinaleinzug sicherte. „Damit hat keiner gerechnet“, sagte der 30-Jährige, „jetzt werden sich die anderen sagen: Oh, schon wieder Leverkusen.“ Als sei mit Bayer ein Gespenst wieder aufgetaucht.

Nicht nur Carsten Ramelow vergleicht die Lage mit der Saison 2001/02, als Leverkusen nacheinander Juventus Turin, den FC Liverpool und Manchester United eliminierte und beinahe die Champions League gewann. Jörg Butt, von einem eher bedächtigen Naturell, erinnerte jedenfalls wie Mittelfeldspieler Ramelow an die größte Saison der Vereinsgeschichte: „Wir haben in der Vergangenheit gezeigt, dass man auch als Underdog sehr weit kommen kann“, sagte der Torhüter. „Damals haben wir unendlich viele Spiele in der zweiten Halbzeit gedreht“, fügte Ramelow hinzu, „so wie heute.“ Die Statistik ist in der Tat verblüffend: Von den bisher erzielten 51 Toren Bayers in dieser Saison fielen 43 in der zweiten Halbzeit.

Und doch gibt es durchaus Unterschiede zum Leverkusener Siegeszug vor drei Jahren. Ähnlich rauschend wie damals spielte Bayer in dieser Saison nur einmal auf, beim 3:0 gegen Real Madrid. Die drei Tore am Mittwoch gegen Kiew durch Juan, Woronin und Babic vermitteln einen unzureichenden Eindruck des Spielgeschehens, denn Dynamo hatte durchaus gute Torchancen, die Leverkusener Defensive wirkte ein ums andere Mal überfordert. Im Angriff stehen mit Berbatow und Woronin zwar zwei Spieler, die jederzeit für ein Tor gut sind. Doch oft genug werden sie allein gelassen. Vor allem Spielmacher Ponte, der seit Wochen seiner Leistung aus dem Vorjahr hinterherläuft, bereitet Trainer Klaus Augenthaler erhebliche Sorgen. „Wir waren in der ersten Halbzeit zu hektisch und zu gierig“ – diese Feststellung bezog sich vor allem auf die vielen Fehlpässe des Brasilianers.

Wenn noch dazu, wie gegen Kiew, der zuletzt starke Krzynowek verletzt ausfällt, fehlt es an Druck von den Außenpositionen; Freier und Babic enttäuschen am Mittwoch. Dann müssen es Standards richten – so wie bei der Führung per Kopf durch Juan, dem ein Eckball Woronins vorausging. Auch in der Dreierkette fällt Jens Nowotny momentan gegenüber Juan und Roque Junior ein wenig ab – auch hier ist ein Qualitätsverlust im Vergleich zu früher offenkundig. Seinerzeit hatten Nowotny und Lucio die gegnerischen Stürmer meist Mann gegen Mann ausgeschaltet und so für Überzahl im Mittelfeld gesorgt. Und dort besaß Bayer damals mit Ballack, Bastürk und Schneider drei überragende kreative Kräfte, die mit ihrem famosen Kurzpass-Spiel sogar den Abwehr-Beton des FC Liverpool zerbröselten. Bastürk und Ballack sind gegangen, nur Schneider ist geblieben.

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