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Sport: Ein Kind wird erwachsen

Robson Ponte hat bei Bayer dazugelernt – aber nicht nur er

Leverkusen. Der Heimkehrer wurde gefeiert. Als Robson Ponte nach 76 Minuten das Spielfeld verließ, sprangen die Leverkusener Zuschauer in der voll besetzten Bayarena auf und verabschiedeten den brasilianischen Mittelfeldspieler über Minuten mit stehenden Ovationen. Ihn, den sie vor zwei Jahren in Leverkusen nicht mehr wollten und der sein Glück fortan beim VfL Wolfsburg versuchen musste. Nun aber, da der 4:1 (3:1)-Sieg Bayer Leverkusens gegen den SC Freiburg feststand, honorierte das Volk Pontes famose Leistung. Er hatte nicht nur die 1:0-Führung erzielt, sondern auch zwei Vorlagen zu Treffern beigesteuert. So ganz nebenbei degradierte er mit seinen Dribblings die Freiburger Abwehrspieler zu bemitleidenswerten Statisten. Und die von ihm dirigierte Offensive erinnerte teilweise an beste Leverkusener Zeiten.

Das Comeback Pontes hätte kaum besser ausfallen können. Klaus Augenthaler nahm die Vorstellung des aus Wolfsburg zurückgekehrten Ponte jedoch fast gleichmütig zur Kenntnis. „So wie er zuletzt trainiert hat, hat er heute gespielt“, sagte der Bayer-Trainer. Der 26-Jährige Brasilianer mit italienischem Pass erklärte seine erstaunliche Leistung vor allem mit einem zurückliegenden Lernprozess. „Früher war ich wie ein Kind, jetzt ist aus dem Kind ein Mann geworden.“ Ponte hat Deutsch gelernt, weil er, wie er schmunzelnd anmerkte, in Wolfsburg als einziger Brasilianer dazu gezwungen gewesen sei. „Mit der Zeit wird man ruhiger und lernt, was wichtig ist. Ich halte jetzt meine Position und arbeite auch nach hinten. Ich rege mich nicht mehr über jede Kleinigkeit auf, der Kopf ist jetzt frei nur für Fußball.“

Das sind Sätze eines Gereiften, die trotzdem vom Trainer vorgestanzt zu sein scheinen. So sehr sich Ponte auch in den Mittelpunkt gespielt hatte, so machte Klaus Augenthaler doch unmissverständlich seine Philosophie vom Spiel deutlich. Ob nun ein Spieler Kunststücke hinlegt auf dem Rasen, das interessiert ihn wenig, ja es macht ihn fast argwöhnisch. Angesprochen auf die technischen Fertigkeiten der Brasilianer Lucio, Franca, Ponte und Juan, antwortete Augenthaler: „Mir ist viel wichtiger, dass wir als Einheit aufgetreten sind.“ In Sätzen wie diesen schwingt großes Misstrauen mit gegenüber ersten überschwänglichen Kommentaren, die bereits die Rückkehr Bayers zur spielerischen Großmacht in der Bundesliga beschwören wollten. Die Frage nach der Stärke seiner Mannschaft beantwortet Augenthaler daher mit einem lapidaren „wir haben viel trainiert“. Dass Ponte direkt nach dem Spiel einen Uefa-Cup-Platz, „vielleicht sogar die Champions League“ als Ziel formulierte, das wird ihm nicht so recht passen. Obwohl es diese Vorgaben intern so gibt, anders lässt sich der teure Kader kaum finanzieren.

Ob sich Bayer indes behaupten wird, also womöglich anders verhält als in der letzten, desaströsen Spielzeit, das werden laut Augenthaler „erst die nächsten Spiele beweisen“. Der Trainer verkörpert eine Unaufgeregtheit, die mittlerweile alle Verantwortlichen ergriffen hat, selbst dem sonst so rhetorisch hochtourigen Manager Reiner Calmund, dem am Sonnabend lediglich ein „ich bin glücklich“ zu entlocken war. Überhaupt: Die Einstellung des ganzen Teams jedenfalls vermittelte den Eindruck, als würde es vom ersten Spieltag gegen den Abstieg spielen. Womöglich hat nicht nur Rückkehrer Ponte einen Lernprozess hinter sich.

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