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Sport: Ein Mann hat Visionen

Bundestrainer Uwe Krupp will das Eishockey-Team mit harter Arbeit und Akribie in höhere Sphären führen

Berlin - Die Kommandos des großen Mannes klingen simpel, aber bestimmt. „Das ist unser Spiel!“, oder „Auf geht’s, Boys!“, ruft Uwe Krupp während einer Partie seinem Personal zu. Er stehe in solchen Momenten selbst auf dem Eis und nicht auf der Spielerbank, sagt Krupp. Im Geiste. Denn der Übergang vom Spieler zum Trainer war schnell. „Ich bin da reingerutscht, wurde auf die Kinder losgelassen und habe meine Trainerscheine gemacht.“ Die „Kinder“ spielten in den Nachwuchsteams des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB). Dort arbeitete Krupp, bevor er im Herbst 2005 Bundestrainer Greg Poss assistierte und nach dessen Abgang im Dezember befördert wurde: zum Bundestrainer ohne große Erfahrung, aber als Respekt einflößende Figur, wie Franz Reindl damals fand. „Wenn der Uwe Krupp die Spielerkabine betritt, dann bebt der Boden“, sagte der DEB-Sportdirektor.

Schließlich war Krupp bis 2003 einer der erfolgreichsten deutschen Profis überhaupt. 810 Spiele in der National Hockey League (NHL) hat er absolviert, mit Colorado und Detroit gewann er den Stanley-Cup – das kann sich sehen lassen. Und auch wenn der einstige Weltklasse-Verteidiger ein Neuling als Trainer ist, ging es in seiner kurzen Amtszeit für das unter Poss abgestürzte Nationalteam aufwärts. Im April schaffte die Auswahl den Aufstieg in die A-Gruppe, mit dem gestrigen 4:4 im Testspiel in Hamburg gegen Kanada, bei dem Krupps Team in der Schlussphase ein 2:4 aufholen konnte, ist Deutschland seit acht Spielen in Folge ungeschlagen.

Leistungsnachweise hat Krupp also schon gebracht. Die braucht der 41-Jährige auch, denn noch immer hat er seinen Hauptwohnsitz in Atlanta, im US-Bundesstaat Georgia. Ähnlich wie im Fall des früheren Fußball-Bundestrainers Jürgen Klinsmann wird es bei ausbleibendem Erfolg Menschen geben, „die das mit meinem Wohnsitz in Verbindung bringen“, glaubt Krupp. Immerhin könnte er sich darauf berufen, dass er den Deutschen nahe ist, die immer zahlreicher in der NHL spielen. Aber das ist Quatsch, sagt Krupp. „In meinem Haus in Atlanta bin ich der NHL nicht näher als der deutschen Liga, das Internet funktioniert überall. Dann ist es nicht meine Aufgabe, Babysitter für einen Marco Sturm zu spielen.“ Der Star der Boston Bruins brauche „keinen Bundestrainer, der ihm hinterher reist“. Er pendle eben zwischen Amerika und Deutschland – so wie einst Klinsmann.

Krupp ist allerdings kein laut tobender Motivator, sondern einer, der am Spielfeldrand auf Konzentration setzt und wenig herumläuft. Und er ist ein Statistikfreak. Natürlich weiß er, wie viele Saisoneinsätze ein gegnerischer Torwart hat, denn „man muss alles nutzen, was von Vorteil sein kann“. Dazu gehört auch die gute physische Verfassung seines Personals. Als erster Nationaltrainer ließ Krupp die Fitnesswerte seiner Spieler im September während einer Partie gegen die Slowakei analysieren. Die Profis trugen einen Brustgurt mit Funkmechanismus. Jens Geist, leitender Trainingswissenschaftler des Olympiastützpunktes München, hat das Projekt entwickelt. Geist wird auch dieser Tage mit dem Laptop auf der Tribüne sitzen – bei einem der vier Spiele in dieser Woche, sagt Krupp. Nach dem Spiel gegen Kanada steht von Donnerstag bis Sonntag der Deutschland-Cup in Hannover auf dem Programm. Das Turnier dient als Vorbereitung auf die A-WM 2007 in Russland, bietet aber auch Spiele, die das Prestige der Mannschaft steigern könnten. Das erste davon gibt es heute gegen die technisch zweitklassigen, aber läuferisch erstklassigen Japaner (20 Uhr, live auf Premiere), vor denen Krupp warnt: „Lass gegen die mal ein, zwei Tore reinrutschen, dann wird das schwer für uns.“

Aber Krupp wäre nicht Krupp, wenn er nicht vom Erfolg reden würde. Nicht nur von dem gegen Japan, sondern vom langfristigen. Dem Bundestrainer mit dem unbefristeten Vertrag schwebt vor, das Nationalteam in höhere Sphären zu führen. „Das ist noch ein langer Weg“, sagt er. „Aber ich habe als Spieler das Höchste erreicht. Nun will ich, dass meine Mannschaft ihr Potenzial ausreizt.“

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