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Sport: Eine Ersatzheldin

Olympiasiegerin Fani Halkia vertritt Kenteris – und wird ebenfalls verdächtigt

Fani Halkia warf sich auf die Knie und verneigte sich auf der Tartanbahn vor ihrem Trainer. Einmal, zweimal, den dritten Versuch musste sie abbrechen. Ein Ordner zog nun nämlich Giorgios Panagiotopoulos ziemlich rüde aus dem Innenraum des Olympiastadions. Es wäre verständlich gewesen, wenn die Zuschauer jetzt empört gepfiffen hätten. Denn der Trainer müsste eigentlich so viel Verehrung wie möglich verdient haben. Er hat schließlich fast schon ein Wunder vollbracht. Innerhalb von einem Jahr sorgte er dafür, dass Fani Halkia ihre Bestzeit über 400 Meter Hürden um phänomenale 3,63 Sekunden verbesserte. Im vergangenen Jahr noch lief die Griechin 56,40 Sekunden, im Halbfinale in Athen katapultierte sie sich mit 52,77 Sekunden auf Platz eins der Weltrangliste, im Finale dann gewann sie mit 52,82 Sekunden Gold. Aber für die Zeitung „Elftherotypia“ war sowieso klar, dass die 25-Jährige Olympiasiegerin würde. „Wir wissen nicht, von welchem Planeten sie kommt, und wir können nicht verstehen, wie sie ihre Bestzeit so steigern kann. Aber wir glauben, sie wird gewinnen“, schrieb das griechische Blatt ironisch nach dem Halbfinale.

Der unglaubliche Jubel, der durch das Stadion zog, der war jedoch ehrlich gemeint. Die Zuschauer feierten eine Ersatzheldin. Konstantinos Kenteris, der eigentliche Held, ist als Dopingsünder abgetaucht. Die Ersatzheldin besetzte ihre neue Rolle sofort und perfekt. „Ich wollte der Welt zeigen, dass Griechen geboren sind, um die Welt zu erobern.“ Und dann erzählte sie pathetisch: „Was ich heute gefühlt habe, das kann ich mit Worten nicht beschreiben.“ Dafür konnte sie aber originell beschreiben, weshalb all das Misstrauen, das ihr vor allem von ausländischen Journalisten entgegenschlug, völlig ungerecht sei. „Diese enorme Leistungssteigerung kann man sich erarbeiten, wenn man sich gut warm macht und sich intensiv dehnt.“ Und natürlich „mit harter Arbeit und einem Trainer, der an einen glaubt“. Dass ihr Coach früher Athlet des berühmt-berüchtigten Trainers Tsekos war, der Kenteris betreut und bei dem man gerade 1400 Ampullen mit Dopingsubstanzen fand, erklärt sie zur Nebensache: „Er hatte viele Trainer, und er hatte sich von Tsekos getrennt.“

Überhaupt ist sie voll des Zorns: „Es ist eine Schande, dass die ganzen Dopingfälle einen Schatten auf diese Spiele werfen.“ Sechsmal betonte sie das Wort „Schande“, immer meinte sie damit die überführten Doper. Beim siebten Mal meinte sie Journalisten und andere Leute, „die mit dem Finger auf Kenteris zeigen“. Der Mann habe keine positive Probe, „wie kann man ihn so verurteilen? Es ist eine große Ungerechtigkeit.“

Fani Halkia hätte zu ihrer eigenen Rechtfertigung noch anführen können, dass sie 2004 ihre Hallenbestzeit über 400 Meter innerhalb eines Jahres nicht ganz so dramatisch gesteigert hat wie über 400 Meter Hürden. Nur um schlappe 1,14 Sekunden.

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