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Slowlympics in Tempelhof: Eine langsame Alternative zu Olympia

Wurstwerfen, Rückwärtsrennen und CD-Diskus: hunderte Menschen haben am Samstag die "Slowlympics" in Tempelhof verfolgt. Dabei ging es vor allem um Spaß und Miteinander und weniger um Wettbewerb.

Tempelhof am Samstagnachmittag: die Sonne scheint, das Bier fließt und der britische Sieg im Rudern wird in Anwesenheit einiger hundert Menschen per Public Viewing übertragen. Doch die Mehrheit von ihnen schaut nicht den Bildschirm an, sondern eine kleine, durch rot-weißes Klebeband abgetrennte Sportarena in der anderen Ecke des Feldes.

Hier finden die „Slowlympics“ statt: ein alternatives Olympia, das von „Slow Travel Berlin“ organisiert wurde. Im Laufe des Nachmittags wird das Bier immer noch fließen, während die Leute an einer Menge außergewöhnlicher Wettkämpfe teilnehmen, damit sie sich, nach eigenen Worten, „mal nicht so ernst nehmen“.

„Sobald ich eine solche Idee habe, bin ich normalerweise nicht zu halten,“ sagt der Hauptorganisator und Mitgründer von „Slow Travel Berlin“, der Brite Paul Sullivan. „Als ich bemerkt habe, dass „Slow“ sich auf „O“ reimt, musste ich einfach ein Olympia-Event organisieren.“

„Slow Travel Berlin“ ist halb Blog, halb Freiwilligorganisation. Es geht um die Idee des „Slow Tourism“ (langsamer Tourismus). Mit anderen Worten: Tourismus, der nicht für schnelles Abarbeiten aller Sehenswürdigkeiten steht, sondern fürs Eintauchen in eine Stadt. Auf der Homepage der Organisation steht: „Es geht darum, sich eine Pause zu nehmen, zu denken und zu schlendern, und damit die Details zu genießen, statt zu eilen.“ 

Doch was hat dies mit Olympia zu tun? Besonders hier in Berlin wo die Spiele dieses Jahr übrigens gar nicht stattfinden?

„Slow ist ein vieldeutiges Wort“, sagt Sullivan, „und das genieße ich. Man kann es auf verschiedene Weisen interpretieren. Bei dieser Veranstaltung geht darum, Olympia ein bisschen leichter zu nehmen, damit es weniger um Wettbewerb und mehr um Beteiligung geht. Und so sehe ich eigentlich Berlin – es ist eine Stadt die sich an Beteiligung, nicht an Wettbewerb orientiert.“

"Slowlympics" in Bilder

Die „Slowlympics“ sind zweifellos das Gegenteil der chaotischen Olympia-Welt in London. Sie sind nur ein Teil des großen Event „Die Spiele in Berlin“ in Tempelhof, das Touristen sowie Berlinern einen entspannten Ort bietet, um Sonne und Sport zu genießen. Die Currywurst mag hier ein oder zwei Euro teurer sein als an der Straße, aber es ist trotzdem weit entfernt von der kommerzialisierten Welt des modernen Olympias. Es gehe zwar nicht um  „Slowlympics gegen Olympics“, sagt Sullivan, aber es biete eine gute Alternative.

Wir beenden unsere Unterhaltung, da er die Teilnehmer vorbereiten muss. Die sind zahlreich und aus allen Ländern der Welt. Familien sind da mit Picknickkörben. Eine Gruppe von Spaniern unterhält sich angeregt miteinander, und ein riesiger Amerikaner setzt einen Hut auf, der aussieht, wie ein Bierglas auf dem die Buchstaben USA prangen.

Der erste Wettkampf ist der stehende Weitsprung: sechs Erwachsene stellen sich in einer Reihe hinter dem Klebeband auf und springen so weit wie möglich aus dem Stand. Alle schauen zu und lachen. Dann kommt der Wurstwurf. Die Erwachsenen stehen hinter der Bande und jeder wirft ein ungekochtes Wienerwürstchen so weit, wie er kann. Die Deutschen fallen hier auf: sie haben als Kinder offensichtlich nicht Cricket gelernt. Eine Wurst trifft einen Fotografen. Viel Gelächter überall.

Der Tag geht mit ähnlich bizarren Wettkämpfen immer weiter. Es gibt ein Rückwärtssprintrennen, ein langsames Radbahnrennen, Traubenspucken und CD-Diskuswerfen.

Sullivan gibt am Ende zu, dass der Tag kein finanzieller Erfolg war: „Mit Anmeldungskosten und Spenden haben wir 260 Euro bekommen. Rund einhundert mehr haben wir ausgegeben.“ Aber das Geld sei eine Nebensache, „Es war ein fantastischer Tag und bei unserer letzten Veranstaltung haben wir noch viel mehr verloren.“  

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