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Sport: Eine Mannschaft sieht alt aus

Deutschland verliert bei der Basketball-WM 73:75 gegen Frankreich und spielt nur um Platz sieben

Der Aufzug wackelte, als Sven Schultze gestern Nachmittag im 16. Stock des Royal Pines Hotel einsteigen wollte. „Ich dachte, er macht das, weil gerade ein anderer Aufzug nach oben fährt“, sagte der deutsche Basketball-Nationalspieler. Erst im Bus klärten ihn seine Teamkollegen auf. „Krass, das war ein Erdbeben“, sagte Schultze, „aber das soll in Japan ganz normal sein.“

Jetzt hat die deutsche Basketball-Nationalmannschaft auch noch ein Erdbeben der Stärke 4,8 auf der Richterskala in ihren reichhaltigen Erfahrungsschatz aufnehmen können. Darin sind mit EM-Silber 2005 und WM-Bronze 2002 auch zwei große Höhepunkte enthalten. Die aktuelle Weltmeisterschaft in Japan wird nicht mit diesen Erfolgen mithalten können. Nach dem 73:75 (31:38) gegen Frankreich spielt das deutsche Team am Sonntag (9.30 Uhr, live im DSF) lediglich um den siebten Platz gegen Litauen. „Das ist enttäuschend“, sagte Demond Greene, „wir wollten eine Medaille und haben das nicht geschafft, dann wollten wir Platz fünf und haben das auch nicht geschafft.“

Gegen Frankreich brachte sich das deutsche Team in den letzten 18 Sekunden beim Stand von 73:73 mit zwei fürchterlichen Ballverlusten selber um den Lohn. „Wir haben eine gute zweite Halbzeit gespielt“, sagte Dirk Nowitzki, „und schmeißen dann den Ball zweimal weg, das ist enttäuschend.“ Robert Garrett hatte einen Einwurf nicht an den Mann gebracht, Demond Greene warf den Ball sechs Sekunden vor dem Ende in des Gegners Hände. Die Ballverluste waren schon am Vortag bei der Viertelfinal-Niederlage gegen die USA das Problem der Deutschen gewesen.

Die deutsche Mannschaft ist mit durchschnittlich 27,3 Jahren die zweitälteste Mannschaft unter den letzten acht WM-Teams. Es könnte erklären, warum sie bei dieser WM so viele schwächere zweite Halbzeiten gespielt hat. Nur Argentinien, das heute im Halbfinale gegen Spanien spielt, ist noch älter. Doch beim Olympiasieger verteilt sich die Spielzeit auf mehr Akteure als im deutschen Team. Dort steht Dirk Nowitzki durchschnittlich 34,5 Minuten auf dem Feld, so lange wie kein anderer Spieler der letzten acht Teams. „Es geht mit meiner Müdigkeit“, sagte Nowitzki, der gegen Frankreich mit 29 Punkten erneut bester Werfer war. Der NBA-Star sieht das steigende Alter der deutschen Mannschaft nicht als Problem an. „Das ist überbewertet“, sagt Nowitzki, „man sagt, dass man zwischen 27 und 30 im besten Basketballalter ist.“ Im deutschen Team sind nur Patrick Femerling und Ademola Okulaja mit 31 Jahren über dieser Altersgrenze. Nowitzki ist drei Jahre jünger, doch er hat aus der vergangenen Saison insgesamt 104 Spiele in der nordamerikanischen Profiliga NBA in den Beinen. Bei dieser WM sammelte er erneut acht Spiele in elf Tagen an. Mit durchschnittlich 23,5 Punkten ist er nach dem Chinesen Yao Ming zwar zweitbester Werfer des Turniers. Doch Nowitzki konnte in Japan nicht an die überragende Leistung bei der EM in Serbien anknüpfen.

So erging es der gesamten Mannschaft. „Wir hätten es verdient gehabt, unter die besten vier zu kommen, wenn wir besser gespielt hätten“, sagte Centerspieler Patrick Femerling. Das Niveau von Argentinien, Spanien, USA und Griechenland hat die deutsche Mannschaft in diesem Turnier nie erreicht. „Wir können trotzdem zufrieden sein mit dem Auftreten der Mannschaft“, sagte Trainer Dirk Bauermann. Sven Schultze sah das ähnlich: „Wir können stolz sein, zu den besten acht Mannschaften zu gehören.“ Nur hatte sich das deutsche Team als EM-Zweiter mehr vorgenommen. „Aber das hier ist ein anderes Turnier“, sagte Schultze. Und das hat die deutsche Mannschaft sicher nicht erst gemerkt, als der Aufzug im Hotel wackelte.

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