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Eisschnelllauf-WM: Entrümpelung unerwünscht

In Richmond findet die dritte Eisschnelllauf-WM dieser Saison statt – eine Reduzierung ist nicht in Sicht.

Die Teams kämpfen jetzt erst zum Schluss um Gold; man erkennt nicht sofort, dass dies eine kleine Revolution ist. Bisher wurde der Teamwettbewerb bei Einzelstrecken-Weltmeisterschaften der Eisschnellläufer irgendwo in den Zeitplan gequetscht. Nun ist er bei der WM in Richmond, die heute beginnt, nach hinten gerutscht. Dass überhaupt etwas geändert wurde, ist bemerkenswert.

Jahrelang haben die Deutschen den Teamwettbewerb als WM-Abschluss gefordert. Sie hatten es satt, dass ein Top-Star wie Anni Friesinger auf einen Mannschaftseinsatz mitten in der WM verzichtete, weil sie sich lieber auf die Einzelstrecken konzentrierte. „Eigentlich“, sagt Gerd Heinze, Präsident der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG), „ist diese Änderung eine Lappalie.“ Aber sie steht für das ganze Darstellungsproblem einer Sportart. „Es ist schwer, einen Traktor in Bewegung zu setzen“, sagt Heinze.

Der Traktor ist der Weltverband ISU und veranstaltet gerade die dritte WM in dieser Saison. Sprint-WM, Mehrkampf- WM, Einzelstrecken-WM, Mehrkampf- EM, neun Weltcups – so sieht eine Eisschnelllauf-Saison aus. Nur harte Fans fühlen sich von der Medaillenflut nicht überfordert. Zumindest in Deutschland.

Aber ändern wird sich nichts. „Man will eine Tradition nicht verlieren“, sagt Heinze. Dass der ISU-Kongress eine Zeitplanänderung beschloss, ist schon eine gewaltige Geschichte. Eisschnelllauf ist auch ein Kampf von Ideologien. Modernisierer wollen kürzere, zuschauerfreundlichere Wettbewerbe. Die DESG gehört in Maßen dazu. ARD und ZDF verlangen trotz derzeit guter Quoten attraktivere Wettkämpfe. „Wir haben Vorschläge gemacht“, sagt Heinze, „aber außer dem Teamwettbewerb haben wir nichts durchgebracht.“

Denn die Traditionalisten Holland und Norwegen haben mächtigen Einfluss. In Holland wird jeder Weltcup von der ersten bis zur letzten Sekunde im Fernsehen übertragen. Und der Mehrkampf ist dort regelrecht heilig. „Eher versinkt Holland im Meer, als dass dort der Mehrkampf abgeschafft wird“, sagt Heinze. Also wird jedes Jahr je eine Mehrkampf-EM und -WM durchgezogen. Auch in die Halle von Hamar in Norwegen strömen regelmäßig 9000 Zuschauer.

Natürlich macht diese Flut von Weltmeisterschaften keinen Sinn“, sagt Frank Dittrich. Er vermarktet die DESG und hätte gerne nur jedes zweite Jahr Weltmeisterschaften, und dann gebündelt: alle drei WM-Formen in zehn Tagen an einem Ort. Dann würden sowohl Weltmeisterschaften als auch Weltcups aufgewertet. „Mit dem jetzigen System aber kann Holland sicher sein, dass es jedes Jahr eine WM oder eine EM bekommt.“

Er hat Glück, dass Stars wie Claudia Pechstein, Anni Friesinger und Jenny Wolf der DESG TV-Präsenz sichern. 2009 liegen die Quoten des ZDF im Schnitt bei guten 15,9 Prozent Marktanteil. Die DESG lebt allein von Helden. Auf eine Entrümpelung der Wettkampfpläne braucht sie nicht zu hoffen.

Sie hat diese Pläne ja selbst aufgebläht. Die Einzelstrecken-WM wurde vor Jahren auf Antrag der Deutschen eingeführt. Einziges Motiv: Die DESG erhält dadurch mehr Geld. Mehrkampf ist nicht olympisch, die Einzelstrecken sind es schon. Und wenn es um Fördermittel geht, dann werden WM- und Olympiaergebnisse zusammengezählt.

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