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Thomas Müller stochert den Ball zum 2:1 ins Tor und beschert seinem Team damit drei Punkte zum Auftakt der EM-Qualifikation.

© dpa

EM-Qualifikation gegen Schottland: Thomas Müller sichert Weltmeister Deutschland den Sieg

Die deutschen Weltmeister sind erfolgreich in die EM-Qualifikation gestartet. Doch das 2:1 gegen Schottland ist hart erkämpft. In der zweiten Halbzeit baut die Mannschaft von Joachim Löw deutlich ab.

Schon nach einer Viertelstunde verlor Marco Reus ein wenig die Geduld: Er löste seine Position im offensiven Mittelfeld ersatzlos auf. Die deutsche Nationalmannschaft versuchte sich gerade aus der eigenen Defensive heraus im Spielaufbau, und Reus schlich sich über die Mittellinie in die eigene Hälfte. Es war so etwas wie ein stummer Schrei nach dem Ball. Bitte, bitte, lasst mich auch mal mitspielen! Für die Nationalmannschaft – und vor allem ihre Offensivspieler – ließ sich die Angelegenheit gegen die Schotten ziemlich zäh an.

Es war genau das, was die Deutschen beim Start in die EM-Qualifikation erwartet hatten: einen unangenehmen Gegner, der dem Weltmeister mehr Probleme bereitete, als es dem Namen nach zu vermuten war. Wie so oft, wenn die Deutschen auf Schottland treffen, war es ein enges Spiel mit einem knappen Ergebnis. 2:1 (1:0) hieß es am Ende in Dortmund für den Favoriten. Die schlechte Nachricht des Abends war, dass Reus kurz vor dem Abpfiff vom Platz musste. Der Dortmunder hatte sich wie bereits vor der WM am linken Knöchel verletzt.

"Für mich war klar, dass es ein schweres Spiel wird, deshalb bin ich mit den drei Punkten zufrieden", sagte Bundestrainer Joachim Löw. Doppeltorschütze Thomas Müller meinte: "Es war das erwartet enge Kampfspiel, ich kann mit dem Ergebnis sehr gut leben. Wir haben es in der einen oder anderen Situation verpasst, das Ergebnis höherzuschrauben". Und Torhüter Manuel Neuer erklärte: "Es war das Wichtigste, dass wir mit drei Punkten in die Qualifikation starten. Wie wir das gemacht haben, ist eigentlich egal.

Sebastian Rudy lief überraschend als Rechtsverteidiger auf

Im Vergleich zum Test gegen Argentinien Mitte der Woche hatte Löw vier Änderungen vorgenommen. Dass er sich gegen die robusten Schotten für das kleine Karo entscheiden und Mario Götze als falscher Neun den Vorzug vor Mario Gomez geben würde, war allgemein erwartet worden. Jerome Boateng kehrte als Innenverteidiger in die Mannschaft zurück, Müller ersetzte den verletzten Julian Draxler. Dass der Ur-Dortmunder Kevin Großkreutz nach seinem schwachen Auftritt gegen Argentinien – ausgerechnet in Dortmund – auf die Bank musste, war nicht überraschend. Überraschend war eher, dass Sebastian Rudy, eigentlich ein defensiver Mittelfeldspieler, dessen Platz als rechter Außenverteidiger einnahm.

Der Hoffenheimer erledigte seine ungewohnte Aufgabe recht ordentlich. Auch Erik Durm auf der anderen Seite machte ein besseres Spiel als gegen Argentinien – wobei beide Außenverteidiger in der Defensive von den Schotten anfangs nur wenig gefordert wurden. Dafür schalteten sie sich immer wieder ins Spiel nach vorne ein. Rudy war es, der in der 18. Minute das 1:0 für den Weltmeister vorbereitete. Seine Flanke aus dem Halbfeld fand Thomas Müller, der lenkte den Ball per Kopf ins lange Eck. Es war zu diesem frühen Zeitpunkt bereits das dritte Kopfballduell, das der Münchner im Strafraum der Schotten gegen deren lange Innenverteidiger für sich entscheiden konnte.

Deutschland war in der ersten Halbzeit in jeder Hinsicht überlegen

Auch sonst waren die Deutschen fast in jeder Hinsicht überlegen – nur auf den Rängen dominierten die Gäste. Die gut 5000 schottischen unter den 60 209 Zuschauern überstimmten das deutsche Familienpublikum um Längen. Selbst die Pfiffe gegen den früheren Dortmunder Mario Götze waren kaum zu hören, sie fielen allerdings auch deutlich moderater aus als allgemein befürchtet. Zu Beginn der zweiten Halbzeit feierte ein Teil der Südtribüne den Finaltorschützen von Rio mit Sprechchören, ein anderer Teil pfiff den Münchner aus.

Anders als auf den Rängen waren die Gäste dem Weltmeister auf dem Platz lange deutlich unterlegen. Die Mannschaft von Bundestrainer Löw erspielte sich vor der Pause einige gute Gelegenheiten. Wenn die Deutschen ein bisschen Platz hatten und schnell kombinierten, kamen die Schotten kaum noch hinterher. André Schürrle hatte Pech, dass Innenverteidiger Grant Hanley noch kurz vor der Linie retten konnte. Unmittelbar vor der Pause hatte Hanley Glück, dass sein Klärungsversuch gegen Marco Reus nicht mit einem Eigentor endete.

In der ersten Halbzeit wirkten die Deutschen hochkonzentriert. Defensiv wurden sie kaum gefordert. Dafür mussten sie direkt nach der Pause einen Schreckmoment überstehen. Nach einem Stellungsfehler von Durm kam Steven Naismith im deutschen Strafraum zu Schuss. Der Ball landete am Außenpfosten.

Marco Reus muss kurz vor Schluss verletzt ausgewechselt werden

Es hätte den Deutschen eine Warnung sein sollen. Stattdessen leisteten sie sich weitere Nachlässigkeiten, im Mittelfeld verloren sie die Bälle zu schnell, und insgesamt ging die Kompaktheit verloren. Zudem verschärften die Schotten ihre Bemühungen gegen die nun auch körperlich nachlassenden Deutschen. Nach einer Stunde vergab der eingewechselte Steven Fletcher die große Chance zum Ausgleich, als er aus sechs Metern Sebastian Rudy anköpfte. Fünf Minuten später wurde der Eifer der Gäste belohnt. Nach einem Ballverlust des insgesamt unglücklich spielenden Mario Götze schalteten die Schotten blitzschnell um und erwischten das deutsche Team in einem Moment der Unordnung. Ikechi Anya lief Boateng davon und traf mit einem überlegten Flachschuss an Manuel Neuer ins lange Eck zum 1:1.

Die schottischen Fans unterm Stadiondach witterten eine Sensation, doch ihre unbändige Freude währte nicht mal fünf Minuten. Nach einem Eckball bekam ihre Mannschaft den Ball nicht aus dem Fünfmeterraum, Thomas Müller traf im Nachsetzen zum 2:1. So endete der Abend für die feierwütige Delegation aus Schottland mit einer Enttäuschung, zumal Charlie Mulgrew in der Nachspielzeit wegen Ballwegschlagens auch noch Gelb-Rot sah.

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