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Sport: Erste Hilfe

Deutsches Daviscup-Team führt gegen Israel mit 2:0

Alsdorf. Wie schlimm es wirklich ist, dass das deutsche Tennis nicht mehr zur Weltspitze gehört, zeigt sich am besten an vermeintlichen Kleinigkeiten. Zum Beispiel am Auftreten des Hallensprechers im Sportforum von Alsdorf, der bei der Vorstellung der israelischen Nummer zwei sagt, Noam Okun gehe in seiner Freizeit gerne mit Frauen an den Strand, „ähem, mit Freunden“. Es war nicht ganz klar, ob der Hallensprecher sich nur versprochen hatte, oder ob er einen billigen Witz machen wollte. Wahrscheinlich sollte es ein Witz sein, denn gleich darauf wandte sich der Spaßvogel an die Besucherinnen zwischen 16 und 49, um ihnen mitzuteilen, dass Rainer Schüttler „immer noch ledig“ ist. „Bitte helfen Sie ihm!“ Immerhin: Schüttler lachte.

Selbstverständlich ist so viel Lässigkeit nicht, weil sich niemand gerne in aller Öffentlichkeit vorhalten lassen möchte, dass er einen hilfsbedürftigen Eindruck mache. Bei Rainer Schüttler, Deutschlands bestem Tennisspieler, war das zuletzt ein wenig der Fall gewesen. Im vergangenen Jahr noch hatte er die größten Erfolge seiner Karriere erzielt: Zwei Turniere hatte Schüttler 2003 gewonnen, bei den Australian Open war er zum ersten Mal in ein Grand-Slam-Finale gelangt, und in der Weltrangliste hatte er es auf Platz sechs gebracht.

Doch so gut das Jahr 2003 für Schüttler verlaufen ist, so schlecht hat 2004 für ihn angefangen. Bei vier Turnieren schied er in der ersten Runde aus, insgesamt sind ihm seit Januar nur zwei Einzelsiege gelungen. Gestern folgte der dritte. Im ersten Match der Daviscup-Begegnung gegen Israel setzte sich Schüttler 6:2, 6:2, 6:1 gegen Noam Okun durch. Durch seinen sechsten Einzelsieg seit 1999 besitzt Deutschlands Nummer eins jetzt auch im Daviscup eine positive Bilanz.

Davon ist Nicolas Kiefer (fünf Siege, acht Niederlagen) noch weit entfernt, obwohl er gestern ebenfalls sein erstes Einzel gewann und das deutsche Team durch sein 6:2, 7:5, 6:3 gegen die israelische Nummer eins Harel Levy 2:0 in Führung brachte. „Für ihn freue ich mich besonders“, sagte Kapitän Patrik Kühnen. Schon heute (14 Uhr, live auf Tele 5) kann im Doppel (vermutlich Kiefer/Schüttler gegen Ram/Erlich) die Entscheidung zugunsten der Deutschen fallen.

„Das war ein wichtiger Sieg“, sagte Schüttler nach seinem Erfolg zum Auftakt. Wichtig für die deutsche Mannschaft, die im vorigen Jahr aus der Weltgruppe abgestiegen ist und jetzt in der Euro/Afrika-Zone 1 den Wiederaufstieg anstrebt. Bei einem Sieg über Israel würde das Team noch einen weiteren Erfolg in der Relegation im Herbst benötigen, um das Unternehmen zu einem erfreulichen Ende zu bringen. Wichtig war der Sieg aber auch für Schüttler selbst. „Es geht um Selbstvertrauen“, sagte er.

Dass er sich die neue Zuversicht nach einer Reihe von Misserfolgen gegen einen Gegner holte, der in der Weltrangliste auf Platz 168 geführt wird – nicht einmal das beeinflusste ihn in der positiven Bewertung der eigenen Leistung: „Ich habe sehr, sehr gut gespielt“, sagte Schüttler, „einfach sehr solide.“ Solidität ist überhaupt das Hauptmerkmal von Schüttlers Spiel. Er gewinnt nicht, weil er über ein Übermaß an Gewinnerschlägen verfügt, sondern weil ihm an normalen Tagen kaum Verliererschläge unterlaufen.

Im gesamten Match gegen Noam Okun, ein Vitalbolzen mit kraftvollen Schlägen, unterlief Schüttler lediglich ein Doppelfehler. Sein Problem sei gewesen, dass er bei den Niederlagen die wichtigen Punkte nicht gemacht habe. „Es geht darum, auch mal ein enges Spiel zu gewinnen“, sagte er. Daran hat sich auch nach dem Match gegen Okun nichts geändert.

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