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Vielfalt war Programm beim Turnfest in Berlin: Teilnehmer beim Fitness-Dance-Yoga-Event "Fit für den Olymp" im Olympiastadion.

© dpa

Fazit nach einer Woche voller Sport: „Berlin kann Turnfest“

Das Turnfest ist vorbei – und wird wohl nie mehr so sein wie in Berlin. Die Veranstalter planen grundlegende Änderungen.

Im Sommergarten am Berliner Funkturm turnen die Kids am Freitag weiter fröhlich vor sich hin. Ein Dutzend Mädchen macht auf dem Rasen ein paar gymnastische Übungen. Woher nehmen sie nur am siebten und letzten Tag des Turnfests in Berlin diese Energie? Ein ganz anderes Bild ergibt sich nur einen Steinwurf entfernt. Kati Brenner, die Chefin des Turnfest-Organisationskomitees, sitzt bei der Abschlusspressekonferenz in der ersten Reihe und hört sich das Resümee der größten Breitensportveranstaltung der Welt, das in diesen Tagen in Berlin stattgefunden hat, an. Brenner sieht erschöpft aus, auch wenn die Bilanz gut ausfällt.

Von einem Feuerwerk der Emotionen, einer beseelten Stimmung und übertroffenen Erwartungen, spricht Berlins Innensenator Andreas Geisel. Von einem überaus gelungenen, ja phänomenalen Turnfest spricht Alfons Hölzl, der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB). Das Loblied gipfelt sogar darin, dass Geisel bei Hölzl gleich mal Berlin als neuerlichen Ausrichter für das Turnfest nach Leipzig ins Spiel bringt, wo 2021 die Turner ihren größten Wettbewerb austragen werden. „Berlin kann Turnfest“, sagt Geisel.

Und Turnfest kann auch anstrengend sein. In diesen sieben Tagen fanden über tausend Veranstaltungen unterschiedlichster Art statt. Es wurde nicht nur geturnt oder getanzt, es wurde beim Turnfest auch geschwommen, geklettert, musiziert und – diskutiert. Über 80 000 Teilnehmer verlangten nach einer beispiellosen Bandbreite an sportlichen und außersportlichen Angeboten. Die Teilnehmerzahl sowie das Mammut-Programm sind Alleinstellungsmerkmale des Turnfestes. Dies ist auch gleichbedeutend mit einem Organisationsaufwand, der den Veranstaltern wirklich alles abverlangt. „Es waren für unser Team intensive und sicher sehr anstrengende Tage. Und natürlich wäre man froh, wenn es noch mehr helfende Hände gäbe. Aber so ist das vermutlich in vielen Arbeitsverhältnissen“, sagt OK- Chefin Kati Brenner am Freitag noch tapfer.

Erschöpft sind am Abschlusstag aber nicht nur Brenner, sondern auch viele der Teilnehmer, die noch in der Hauptstadt unterwegs sind. „Wir fanden es toll hier, aber jetzt sind wir müde und freuen uns auch auf unser Bett zu Hause“, sagt ein junger Teilnehmer aus Mittenwald. Er hat wie 42 000 andere Teilnehmer sieben Nächte auf seiner Luftmatratze in einer Schule verbracht. „Viel geschlafen habe ich nicht“, sagt er.

42 000 Teilnehmer, drei Beschwerden

Und vermutlich hat er auch keinen Ärger gemacht. Ok-Chefin Brenner erzählt, dass es drei Beschwerden von Anwohnern wegen des Lärms ausgehend von den Turnfest-Teilnehmern gegeben habe. Drei Beschwerden bei 42 000 Gästen in den Schulen – die jungen Turnerinnen und Turner sind offenbar außerordentlich brav.

Viele von ihnen werden in vier Jahren auch beim Turnfest in Leipzig dabei sein. Dort wird aber vieles anders sein als in diesem Jahr in Berlin. „Wir werden dort ein anderes Format haben“, kündigt DTB-Präsident Hölzl am Freitag an. Details will er nicht nennen, aber das Turnfest in Leipzig wird aller Voraussicht gestrafft. In vier, spätestens in fünf Tagen soll es dann schon über die Bühne gehen.

Denn auch wenn das Turnfest in Berlin ein voller Erfolg war, so gehört zur Wahrheit der jüngeren Geschichte der Veranstaltung auch, dass dies zuletzt eben nicht immer der Fall war. „In der Vergangenheit war es schon so, dass viele Teilnehmer nach vier oder fünf Tagen gesagt haben: Jetzt möchten wir auch mal abreisen. Sieben Tage sind schon eine lange Zeit“, sagt Hölzl.

Auf die Veranstalter des kommenden Turnfestes, so viel ist sicher, wird in jedem Fall viel Arbeit, vielleicht sogar noch mehr Arbeit zukommen. Man wolle das vielfältige Programm nicht eindampfen, sagt Hölzl. Die Konsequenz daraus wäre, auf mehr Veranstaltungsstätten zurückzugreifen. „Das wird natürlich eine extreme Herausforderung“, sagt Hölzl. Extrem oder vielleicht sogar unmöglich – zumindest bei einer Teilnehmerzahl wie in Berlin. Denn selbst in der Hauptstadt war die im Vergleich zu Leipzig doch hiesige Sportinfrastruktur ziemlich ausgelastet. Allein die Messehallen waren proppenvoll mit Turnfest-Teilnehmern.

Aber Berlin ist ohnehin nicht der Maßstab. „Berlin hat schon eine besondere Anziehungskraft“, sagt Hölzl, dann blickt er zu Geisel: „Wir werden natürlich wieder bei euch anfragen.“ Geisel nimmt das wie ein Sieger zur Kenntnis.

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