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FLANKE aus Spanien: Ein Präsident für 250 Jahre

Julia Macher über den Machtkampf der Regierung gegen den Fußballverband

Kaum ist José Luis Rodríguez Zapatero als spanischer Ministerpräsident wiedergewählt worden, hat er mit der ersten Sezession zu kämpfen. Vom spanischen Staat losgesagt hat sich allerdings nicht das Baskenland oder Katalonien, sondern der Fußballverband RFEF. In einer staatsstreichartigen Aktion machte Präsident Ángel María Villar seinen Verband in der vorigen Woche zur Enklave: Der Paragraf, der den Verband ans spanische Gesetz bindet, wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung aus den Statuten gestrichen. Anschließend krönte sich Villar in napoleonischer Manier selbst zum Kaiser: Er modifizierte die Kriterien für Präsidentschaftskandidaten so, dass künftig kein Anwärter neben ihm Bestand hat und tönte triumphierend: „Wenn es nach der Macht geht, die ich international besitze, bin ich die nächsten 250 Jahre Präsident.“

Der kraftmeierische Auftritt war der vorläufig letzte Akt in einem persönlichen Machtkampf, den Villar geschickt zur Staatsaffäre aufgeblasen hat – unter besonderer Mitwirkung von Fifa-Präsident Sepp Blatter. Der Anlass ist denkbar lächerlich: Die spanische Regierung hat allen Sportverbänden, die sich nicht für die Olympischen Spiele qualifiziert haben, verordnet, ihre turnusgemäßen Vorstandswahlen bis Ende März abzuhalten. Auch dem Fußballverband. Leider passte der Termin Villar nicht in den Kram. Er wollte unbedingt die EM 2008 abwarten. Denn sollte die Nationalmannschaft dort halbwegs ordentlich abschneiden, könnte der Jubel darüber die Kritik an der inzwischen 20-jährigen Regentschaft des streitlustigen Juristen übertönen: Prüfer hatten unrechtmäßige Grundstücksüberschreibungen und Vergnügungsreisen auf Verbandskosten moniert, kritische Stimmen einen Neuanfang gefordert. Villar suchte sich einen mächtigen Fürsprecher und fand ihn – in Sepp Blatter. Der kanzelte die spanische Verordnung als Einmischung in Verbandsinterna ab und drohte, Spanien von der EM auszuschließen. Er, Blatter, brauche dazu nicht länger als sechs Stunden.

Den Antrag des Fußballverbandes auf eine einstweilige Verfügung gegen die Regierungsanordnung lehnte aber ein Gericht ab; die Regierung ließ den Blatterschen Theaterdonner ungehört verhallen. Den von der RFEF auf November festgelegten Wahltermin wird man ebenso wenig tolerieren wie Villars eigenmächtige Statutenänderung, mit der er sich mal so eben aus dem spanischen Rechtssystem katapultieren wollte. „Selbstverständlich untersteht die Fifa dem spanischen Gesetz“, kommentierte Ministerpräsident Zapatero am Wochenende. Er meinte wohl die RFEF – eine bessere Steilvorlage als diesen Versprecher können sich Blatter und Villar nicht wünschen. Die nächste Runde kommt bestimmt.

An dieser Stelle schreiben unsere Korrespondenten dienstags über Fußball in England, Spanien und Italien.

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