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Offenbar gibt es konkrete Pläne, nach denen der FC Bayern bald öfter gegen Real Madrid spielt (im Bild Robert Lewandowski und Raphael Varane).

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Update

"Football Leaks" zu europäischer Superliga: Bayern München prüfte offenbar Bundesliga-Ausstieg

Europas Topklubs könnten schon ab 2021 in einer eigenen Superliga spielen. Das geht aus Recherchen unter dem Namen "Football Leaks" hervor.

Die Einführung einer Superliga als Konkurrenz zur Champions League im europäischen Vereinsfußball wird laut einem Medienbericht wieder konkreter. Eine Beraterfirma soll Real Madrid im Oktober entsprechende Pläne vorgelegt haben, berichtete „Der Spiegel“ am Freitag. Demnach sei vorgesehen, dass 16 Topklubs, darunter die Bundesligisten FC Bayern München und Borussia Dortmund, eine Absichtserklärung im Laufe dieses Monats unterzeichnen. Sollten die Pläne umgesetzt werden, wäre das 2021 das Aus für die von der Uefa getragene Champions League in ihrer jetzigen Form. Die Superliga würde nach diesen Vorstellungen privatwirtschaftlich und damit außerhalb der bestehenden Verbände organisiert werden.

Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke kommentierte die Pläne dem Magazin gegenüber nicht direkt. Dass es aber aktuelle Gespräche über die Superliga gebe, „das ist klar, und ich glaube auch, dass ein paar der großen Clubs Europas da deutlich dran stricken“. Allerdings seien diese Pläne wohl „noch nicht sehr konkret“.

Der FC Bayern teilte dem „Spiegel“ mit, „weder die Existenz noch der Inhalt“ des Entwurfes der Absichtserklärung seien dem Klub bekannt. Der Münchner Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge hatte zuletzt im Interview des Magazins „11 Freunde“ (November-Ausgabe) gesagt, dass er in ferner Zukunft mit der Einführung einer europäischen Superliga rechne: „Ich vermute, dass diese Liga eines Tages kommen wird. Aber fragen Sie mich nicht, wann.“

Vor knapp drei Jahren gab es dem „Spiegel“-Bericht zufolge noch weitergehende Pläne zur Herauslösung der Topvereine aus den bestehenden Ligen-Strukturen. Auch damals standen Verhandlungen über die Ausschüttungen der Champions League an. Der FC Bayern in Person seines Chefjustiziars Michael Gerlinger hatte demnach von einer Anwaltskanzlei prüfen lassen, ob die Münchner nicht nur aus den europäischen Wettbewerben, sondern auch aus der Bundesliga aussteigen könnten. Durch die folgende Reform der Champions League, die den vier stärksten Ligen jeweils vier Startplätze für die Gruppenphase sichert, war eine Superliga zum damaligen Zeitpunkt kein Thema mehr.

FC Bayern: Bekenntnis zu Bundesliga und Champions League

Gerlinger sagte dem „Spiegel“, dass Gedankenspiele zum Ausstieg aus der Bundesliga schnell „völlig vom Tisch“ gewesen seien. BVB-Chef Watzke versprach: „So lange ich hier die Verantwortung trage, wird der BVB die Bundesliga nicht verlassen.“ 2016 war auch der FC Schalke 04 als möglicher Teilnehmer an der Superliga genannt worden. Die damals diskutierte Liga sollte mit Spielen dienstags, mittwochs und samstags über 34 Wochen laufen.

Am Freitagabend reagierte der FC Bayern München auch auf diesen Punkt der Berichterstattung – und legte ein Bekenntnis zur Bundesliga und zur Champions League ab. „Der FC Bayern München steht zu seiner Mitgliedschaft in der Fußball-Bundesliga, und solange ich Vorstandsvorsitzender des FC Bayern bin, auch zu den von UEFA und ECA gemeinsam organisierten Club-Wettbewerben“, äußerte sich Rummenigge in einer Presseerklärung des Klubs. Die erwähnten neuerlichen Pläne für eine Superliga seien „dem FC Bayern weder bekannt, noch habe der FC Bayern an Verhandlungen hierzu teilgenommen“, schrieb der Bundesligist. „Dem FC Bayern ist auch nicht bekannt, warum er hier in einem vom "Spiegel" zitierten Dokument aufgeführt wird.“

Auch eine zweite Superliga soll geplant sein

Zu den 16 Klubs, die laut „Spiegel“ von 2021 an in einer Superliga spielen könnten, gehören neben dem FC Bayern auch Real Madrid, der FC Barcelona, Manchester United, FC Chelsea, FC Arsenal, Manchester City, FC Liverpool, Paris Saint-Germain, Juventus Turin und AC Mailand als Gründer, die nicht absteigen können. Dazu kämen zunächst Atlético Madrid, Borussia Dortmund, Olympique Marseille, Inter Mailand und AS Rom als „anfängliche Gäste“. Im Gespräch ist auch eine zweite Liga, in die nur diese Gäste absteigen könnten.

Hintergrund der Planspiele sind die im kommenden Jahr anstehenden Verhandlungen über Verteilung der Gelder aus der Champions League von 2021 an. Derzeit schüttet die Uefa jährlich Prämien von 2,04 Milliarden an die Klubs der Champions League aus, die erfolgreichsten Vereine bekommen bis zu 100 Millionen Euro. Die Idee, dass sich die Topklubs in einer eigenen Liga organisieren, um deutlich höhere Einnahmen zu erzielen, gibt es bereits seit einigen Jahrzehnten.

Rummenigge distanzierte sich auch von der Behauptung des „Spiegel“, wonach er als Chairman der Europäischen Cluborganisation ECA Verrat an den darin organisierten mittleren und kleineren Vereinen geübt habe. „Das weise ich in aller Entschiedenheit und Klarheit zurück“, äußerte der frühere ECA-Vorsitzende. Das Votum für die zwischen UEFA und ECA verabredete Reform sei „einstimmig“ ausgefallen.

Fifa-Chef Infantino soll neuen Ethikcode beeinflusst haben

Die Berichterstattung des „Spiegel“ ist das Ergebnis von Recherchen der Enthüllungsplattform Football Leaks, die dem Magazin und seinen Partnern des Recherchenetzwerks European Investigative Collaborations (EIC) vorliegen. Ein weiteres Thema sind die Ethikregeln des Fußball-Weltverbands. Fifa-Präsident Gianni Infantino soll demnach Einfluss auf den neuen Ethikcode genommen haben. Er habe Korrekturvorschläge für die überarbeiteten Richtlinien der unabhängigen Ethikkommission gemacht, berichtete „Der Spiegel“ mit Bezug auf interne Dokumente.

So habe Infantino als Antwort auf einen Entwurf von Vassilios Skouris, Vorsitzender der rechtsprechenden Fifa-Ethikkammer, diesem mit mehreren Hinweisen geantwortet. Dabei sollten Voruntersuchungen gegen Funktionäre nur auf Weisung der vorsitzenden Person der Ermittlungskammer durchgeführt werden können. Der entsprechende Passus wurde im neuen Ethikcode geändert, zuvor konnte das Sekretariat der Untersuchungskammer selbst Voruntersuchungen starten. Formal ist die Ethikkommission ein komplett unabhängiges Gremium; sie sperrte in der Vergangenheit unter anderem Infantinos Vorgänger Joseph Blatter.

"Klarer Verstoß gegen die Statuten der Fifa"

Die Fifa teilte dem Magazin mit, dass es „völlig unplausibel“ sei, dass sich Skouris zu einer Entscheidung gegen seinen Willen hatte drängen lassen. Der neue Ethikcode war am 10. Juni vom Council des Weltverbands verabschiedet worden. Dabei taucht unter anderem Korruption nicht mehr explizit als Vergehen auf. Die Streichung des Begriffes verteidigte der Weltverband in der Vergangenheit damit, dass dies keinen maßgeblichen Einfluss auf die tatsächlichen Verstöße, die verfolgt werden, habe.

„Ich habe immer gesagt, der neue Ethikcode ist Infantinos Werk - das ist der Beweis“, sagte Hans-Joachim Eckert, früherer Chef der rechtsprechenden Kammer dem „Spiegel“. Infantinos Einmischung sei „ein klarer Verstoß gegen den Kodex und die Statuten der Fifa“. Die Neubesetzung der beiden Ethikkammern mit der Kolumbianerin María Claudia Rojas als Chef-Ermittlerin und Skouris im Mai 2017 hatte international Kritik nach sich gezogen.

Eckert bezeichnete die neue Ethikkommission in der Vergangenheit bereits als „weniger als ein Feigenblatt“ und kritisierte, dass Rojas weder Englisch noch Französisch spreche und verschwiegen habe, dass sie mit dem früheren Verbandspräsidenten Kolumbiens gut bekannt sei. Diesen habe er wegen Korruption lebenslang gesperrt. (dpa)

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