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Der Zweikampf. Frauenfußball ist zuallererst Fußball, hier Dzsenifer Marozsan (links) gegen die Französin Wendie Renard.

© dpa

Frauenfußball und Männerfußball in Deutschland: Beim Thema Geschlecht sieht der Fußball rot

Der Fußball tut sich leichter, gegen Rassismus Stellung zu beziehen als sich beim Thema Gender zu entspannen. Ein Kommentar anlässlich der Frauen-WM.

Ein Kommentar von Friedhard Teuffel

Elfmeterschießen. Mehr Dramatik geht nicht im Fußball. Zu sehen wieder im WM-Viertelfinale in Kanada zwischen Deutschland und Frankreich. Am Elfmeterpunkt sind alle gleich. Anlaufen, schießen – treffen oder scheitern. Dieses Elfmeterschießen war daher eine emotionale Erinnerung an eine nüchterne Erkenntnis: Fußball ist dasselbe Spiel für alle, für Männer und Frauen.

Solche Momente sind wohl auch der eleganteste Ausweg aus der Geschlechterfalle. Denn es besteht der Eindruck, als tue sich der Fußball leichter, sich von Rassismus abzugrenzen als eine entspannte Haltung im Spiel der Geschlechter zu finden. Beim Thema Gender sehen im Fußball zu viele noch immer rot. Das ist auch rund um diese WM in Kanada wieder zu spüren.

Wenig im Sport scheint gerade die deutsche Gesellschaft so zu spalten wie ein solches Turnier. Die einen regen sich auf, weil ihnen das Ereignis aufgeblasen vorkommt. Als Bohei um eine unattraktive Vorstellung. Diese WM ist für sie Randsport. Die anderen fordern wiederum mehr Aufmerksamkeit, weil es schließlich um eine Weltmeisterschaft in der weltweit beliebtesten Sportart geht.

Jede und jeder findet Zahlen, um die eigene Ansicht zu stützen. Entweder die wenigen tausend, manchmal auch nur wenigen hundert Zuschauer, die sich für ein Frauen-Bundesligaspiel interessieren. Oder die mehreren Millionen, die gerade die WM in Kanada am Fernseher verfolgen, und das zu ausgesprochen undankbaren Anstoßzeiten am spätesten Abend.

Es lässt sich im Leben alles vergleichen, auch Äpfel mit Birnen, aber eben nicht gleichsetzen. Was bringt es, die Leistung der Nationalmannschaft in Kanada in eine deutsche Männerliga einzusortieren? Frauen spielen nicht gegen Männer. Und auch der positive Sexismus, dem Fußballspiel der Frauen andere Attribute anzuheften, sei es mehr Eleganz oder mehr Fairness, hilft nicht weiter. Etwas anderes zu erwarten, führt genauso in die Irre, wie von Angela Merkel weibliches Regieren zu verlangen. Wer Fußball spielt, möchte Fußball spielen. Und auch gewinnen. Das ist das Universelle des Sports.

Die Vergleichsfalle ist auch durch die Größe des gesamten Fußballsports entstanden. Im Handball oder Basketball sieht es anders aus. Beim Fußball wird eben alles ausgeleuchtet, zu Recht auch die Geschichte der Diskriminierung von Frauen. Ihnen wurde das Fußballspielen von den Männern viel zu lange nicht zugetraut. Dieser Rückstand ist kaum aufzuholen.

Die Talentsichtung und -förderung hat längst noch nicht die Ebene des männlichen Fußballs erreicht, wo schon Teenager von Beratern geködert und von Profivereinen angelockt und in Internaten ausgebildet werden. Und wo immer die Frauen eine besondere Geschichte im Fußball schreiben, scheinen die Männer sie schon vorweggenommen zu haben. So werden Altkluge jetzt auch beim Elfmeterschießen gegen Frankreich sagen, das der Männer bei der Weltmeisterschaft 1982 sei doch viel dramatischer gewesen.

Eines aber ist gut und lässt hoffen: Dass die verkrampfte Geschlechterdebatte Mädchen nicht davon abhält, Fußball zu spielen. Es werden immer mehr, die sich in Vereinen anmelden. Das spricht einfach für den Fußball. Es ist eben ein großartiges Spiel. Und im Elfmeterschießen gewinnen immer die Deutschen.

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