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Mit dem Rennen über 3000 Meter ist die deutsche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein die erste Frau weltweit, die zum achten Mal bei Olympischen Winterspielen dabei ist.

© ANP/imago images

„Für mich ist das ein Sieg“: Claudia Pechstein feiert bei Olympia ihren letzten Platz

Die Berliner Eisschnellläuferin Claudia Pechstein wird beim Rennen über 3000 Meter bei den Olympia Letzte, hat aber dennoch Grund zum Jubeln.

Die neue Beste der Welt lässt auf sich warten. Erst ziemlich genau eine Stunde, nachdem Claudia Pechstein beim Zieleinlauf die Arme wie eine Siegerin in der Höhe gerissen hat, erreicht sie am Samstagnachmittag Ortszeit die Interview-Zone im Eisschnelllauf-Stadion von Peking. Ob sie so lange durchatmen musste? Es bleibt ungeklärt. Vom ersten Platz aber, das weiß auch die Berlinerin, ist sie inzwischen so weit entfernt wie China von freier Meinungsäußerung.

Die Jubel-Geste im Ziel muss trotzdem sein, das ist für Pechstein vollkommen klar. „Das war natürlich ein Sieg für mich. Mit dem Start über die 3000 Meter habe ich den Rekord offiziell erreicht, als weltweit erste Frau achtmal bei Olympischen Winterspielen dabei zu sein. Da kann man eigentlich nur jubelnd über die Linie laufen“, erklärt die 49-Jährige, und die Zufriedenheit ist ihr auch deutlich anzusehen. „Ich komme gar nicht mehr aus dem Strahlen raus“, meint sie.

Pechstein genießt diese Tage mit all den Wertschätzungen, die sie derzeit bei Olympia erhält. Als erfolgreichste Eisschnellläuferin wird sie vor ihrem Rennen vorgestellt, ihre Medaillenbilanz vom Hallensprecher noch einmal im Detail gewürdigt; die insgesamt neun Olympiaplaketten, davon fünf goldene. Und die Chinesin Ahenaer Adake erzählt ihr beim Aufwärmen, wie sehr sie sich freue, gegen eine Legende laufen zu dürfen. Das gehe runter wie Öl, gesteht Pechstein.

Normalerweise nehmen Athleten das alles so kurz vor dem Start gar nicht mehr wahr, sie sind allein auf den Wettkampf fokussiert. Pechstein hört jedes Wort, und das ganz bewusst. Danach stellt sie fest: „Mit all den Komplimenten zu laufen, das spielt im Kopf schon eine Rolle. Deshalb konnte ich im Rennen gar nicht das zeigen, was ich kann.“

Spätestens in der Ergebnisliste ist es offensichtlich: Pechstein wird Letzte, mehr als 20 Sekunden hinter Siegerin Irene Schouten aus den Niederlanden. Aber anders als früher sei das für sie unerheblich. „Ich habe alle Mädels, die am Start waren, schon mal geschlagen. Das weiß ich“, meint Pechstein und legt noch einmal fest: „Dass ich heute 20. werde, ist mir völlig egal. Für mich ist das ein Sieg.“

Schouten unterbietet den olympischen Rekord von Pechstein

Selbstverständlich ist sie keine Medaillenkandidatin gewesen bei der ersten Eisschnelllauf-Entscheidung von Peking, diese Zeiten sind längst vorbei, fast ein Jahrzehnt. Um Medaillen geht es Pechstein auch gar nicht mehr. Sie läuft ihr eigenes Rennen, vor allem aber läuft sie gegen ihre Kritiker. Der Seitenhieb muss auch diesmal sein. In Deutschland, sagt sie und zielt auf die Medien, sei das mit der Wertschätzung leider nicht so.

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Bei der Wahl des deutschen Fahnenträger-Duos entfielen mit gut 40 Prozent die meisten Stimmen der Öffentlichkeit auf Rodlerin Natalie Geisenberger, die Sportler der deutschen Olympia-Mannschaft wiederum sprachen sich fast zur Hälfte für die Snowboarderin Ramona Hofmeister aus. Nur knapp 15 Prozent wollten Pechstein an der Fahne sehen. In Summe hat es allerdings für Pechstein gereicht, und nur das ist ihr wichtig.

Kurz nachdem Pechstein die Laudatio auf sich selbst beendet hat, fällt im letzten Lauf die Entscheidung. Die neue Olympiasiegerin und die Zweitplatzierte erreichen das Ziel. Und Irene Schouten aus den Niederlanden, die sich gegen die Italienerin Francesca Lollobrigida durchsetzt, holt nicht nur Gold. Mit einer starken Schlussrunde unterbietet sie auch den olympischen Rekord aus dem Jahr 2002 – aufgestellt von Pechstein.

Tino Meyer

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