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Klinsmann

© dpa

Fußball-EM 2008: Angenehme Aussichten

Deutschland trifft in der Vorrunde auf bezwingbare Gegner: Kroatien, Polen und Außenseiter Österreich.

Jürgen Klinsmann hat sich nachhaltige Verdienste um die Modernisierung des deutschen Fußballs erworben. Als Bundestrainer war er der Initiator jener Entwicklung, die Ende Juni des kommenden Jahres mit dem Gewinn des Europameistertitels einen vorläufigen Höhepunkt erreichen soll. Gestern hat Klinsmann diesem Vorhaben noch einen zusätzlichen Schub verpasst. Als Kapitän des Europameisterteams von 1996 durfte er in Luzern einen Teil der Lose für die Gruppeneinteilung der EM in Österreich und der Schweiz ziehen. Klinsmann hätte den Deutschen Italien als Vorrundengegner bescheren können – er zog Kroatien. „Vielleicht sollten wir uns bei ihm dafür bedanken“, sagte Joachim Löw, Klinsmanns Nachfolger als Bundestrainer. Auch sonst haben die Deutschen allen Grund, dankbar zu sein. Die Nationalmannschaft spielt außerdem gegen Polen und EM-Gastgeber Österreich. „Wir waren vor der Auslosung relaxed“, sagte Löw. „Und wir sind es jetzt auch noch.“

Eröffnet wird das Turnier in exakt 187 Tagen, am 7. Juni, mit dem Spiel Schweiz gegen Tschechien im Basler St.-Jakob-Park. Die vielleicht brisanteste Begegnung des Turniers findet vier Tage später ebenfalls in Basel statt, wenn die Schweiz auf die Türkei trifft. Zuletzt standen sich beide Mannschaften in der Relegation für die WM 2006 gegenüber. Nach dem Spiel kam es zu wilden Schlägereien zwischen Spielern, Ordnern und Offiziellen. Aufregend wird es auch in der Gruppe C, der Klinsmann letztlich Deutschlands Angstgegner Italien zuloste. Der Weltmeister trifft auf Frankreich, Niederlande und Rumänien. „Bei der WM hatten wir angeblich eine Todesgruppe“, sagte der niederländische Bondscoach Marco van Basten. „Was soll das denn erst sein?“

Normalerweise ist die eigene Gruppe immer die schwerste, aber das können zwölf der 16 Mannschaften diesmal nicht behaupten. „Die Gruppe C ist von ihrer Qualität noch über unsere Gruppe zu stellen“, sagte Österreichs Nationaltrainer Josef Hickersberger. Niemand wird dem ernsthaft widersprechen wollen, schon deshalb nicht, weil der EM-Gastgeber allgemein als schwächstes Team im Feld gilt. Gegen Deutschland hat Österreich zuletzt 1986 gewonnen, als das Ernst-Happel-Stadion in Wien eingeweiht wurde. Dort treffen beide Mannschaften nicht nur am 16. Juni im letzten Gruppenspiel aufeinander, sondern auch im Februar zu einem Testspiel. Das erste EM-Spiel bestreiten die Deutschen am 8. Juni gegen Polen in Klagenfurt. Dort wird auch die Partie gegen Kroatien (12.6.) ausgetragen.

Dass der Test gegen Österreich wie geplant stattfindet, sagt auch etwas über das Bedrohungspotenzial aus, das die Deutschen dem EM-Gastgeber zuschreiben. „Wir haben ein bisschen durchgeatmet, als wir in diese Gruppe gelost wurden“, sagte Löw. Sonst folgte er dem Grundsatz, nichts Schlechtes über Gegner zu äußern. „Die Österreicher sind nicht zu unterschätzen“, sagte er. In Deutschland habe man gesehen, welche Kräfte der Heimvorteil freisetzen könne. Hinzu kommt die Rivalität unter Nachbarn. „Die Österreicher werden alles mobilisieren, um den großen Bruder zu schlagen“, sagte Löw. „Da können Spieler zu Legenden werden.“

Ein ernsthafter Konkurrent um den Gruppensieg sind die Österreicher wohl trotzdem nicht. Dafür kommt eher Kroatien in Frage. „Kroatien ist immer stark“, sagte Nationaltrainer Slaven Bilic, der früher für den Karlsruher SC in der Bundesliga gespielt hat und in den beiden bisherigen Pflichtspielen gegen Deutschland auf dem Platz stand. 1996 gewannen die Deutschen bei der EM, 1998 schieden sie bei der Weltmeisterschaft im Viertelfinale aus. Kroatien habe raffinierte Fußballer, sagte Löw, „die sind schwer zu spielen“. Mit Polen verbinden die Deutschen seit der WM im vergangenen Jahr freundliche Erinnerungen. Der 1:0-Sieg durch ein Tor von Oliver Neuville in letzter Minute löste im Land die allgemeine WM-Hysterie aus – aber Löw hält die Polen inzwischen für wesentlich stärker. In der Qualifikation seien sie besser gewesen als Portugal.

In 37 Länder wurde die Auslosung aus Luzern gestern live übertragen. „Es wird wunderbar sein“, hatte Michel Platini, der Präsident des europäischen Fußballverbandes Uefa, vor deren Beginn gesagt. Unerfreuliche Themen sollten dabei nicht stören. Vielleicht auch deshalb wurde die neue Wettaffäre mit keinem Wort erwähnt.

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