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Caroline Seger (Nummer 17) ist gut drauf bei dieser WM.

© REUTERS

Fußball-WM der Frauen: Caroline Seger und das Auge für die Gasse

Mittelfeldspielerin Caroline Seger beherrscht den feinen Pass – das soll den Schwedinnen auch im WM-Halbfinale helfen.

Von David Joram

Lyon hat sich fein herausgeputzt in diesen entscheidenden Tagen. Fast wie vom Weltfußballverband Fifa bestellt, strahlt die Sonne vom Himmel, die zuvor tropischen Temperaturen sind etwas gefallen. Viel besser könnten die Bedingungen vor dem WM-Halbfinale zwischen Hollands und Schwedens Fußballerinnen also kaum sein. Das gilt auch für deren Fans, die in diesen Tagen vor allem „Les Traboules“ besichtigen, die legendären Gassen von Vieux-Lyon, der Altstadt. In Zeiten des späten Römischen Reichs sollen sie entstanden sein, sie führen unter Häusern hindurch, verbinden breitere Straßen und verlaufen ein wenig unübersichtlich.

Die Traboules von Lyon könnten auch Caroline Seger gut gefallen. Die schwedische Mittelfeldspielerin hat nämlich ein Auge für Gassen, und seien sie noch so gut versteckt. Am Mittwoch, 21 Uhr, will Seger das wieder beweisen, dann im 59 186 Zuschauer fassenden Groupama-Stadion. Seger besitzt die Gabe, den Ball scharf und präzise durch Lücken zu spielen, die Schwächen des Gegners Verteidigung schonungslos entblößen. Im Viertelfinale gegen Deutschland, das die Schwedinnen 2:1 gewannen, fanden sich einige dieser Seger’schen Gassenbälle, die so tief in den deutschen Raum gelangten, dass die schnellen Stürmerinnen um Torschützin Stina Blackstenius oder Fridolina Rolfö, die diesmal gelbgesperrt fehlt, quasi blind durchstarten konnten. Das Rezept ging auf, zumal die Schwedinnen defensiv weitgehend sicher standen.

Der Raum, den Seger mit ihren Zuspielen erschloss, ähnelte der Fläche des Bellecour; jenem großen Platz im Herzen Lyons, den gerade der Weltfußballverband Fifa und seine Werbepartner nutzen. An der Fassade eines der angrenzenden Häuser hängt dort übrigens auch ein riesengroßes Banner eines Sportartikelherstellers. „Ne change pas ton rêve“, steht darauf – ändere nicht deinen Traum. Über dem Spruch sind viele Spielerinnen zu sehen, in der ersten Reihe auch die Holländerin Lieke Martens, die Arme verschränkt und ernst dreinblickend. Man ahnt, dass die Holländerinnen Segers Gassenbällen nicht so tatenlos zusehen möchten wie es die Deutschen jüngst taten. „Wir wollen Geschichte schreiben“, sagt Martens.

Die Niederlande träumen auch deshalb vom Titel, weil sie das Glück in diesem Turnier auf ihrer Seite glauben. Im Achtelfinale schien es nur eine Frage der Zeit, bis die Niederländerinnen gegen ein furios aufspielendes Japan den Gegentreffer kassieren würden. Kurz vor dem Ende rettete ein Elfmeter Oranje – das 2:1, der Sieg. Eine Runde später gegen Italien wurde schon eher ersichtlich, warum Schwedens Coach Peter Gerhardsson den holländischen Fußball in den höchsten Tönen lobt. 2:0 gewann die Elftal und kreierte speziell nach der Pause Chance um Chance. „Ich verfolge den niederländischen Fußball schon viele Jahre. Die Art, wie dort gespielt wird, kommt nah an meine Vorstellungen vom Fußball heran. Ich bin gespannt, ob wir eines meiner Lieblingsfußballländer schlagen können.“

Ein Rezept, wie Gerhardsson das Team seiner Kollegin Sarina Wiegman schlagen will, hat er natürlich. Basierend auf einer gesunden Defensivformation werden die Schwedinnen wohl erneut auf ihren zuletzt erfolgreichen Konterfußball setzen. „Unsere Analysten werden genau hinschauen und ihre Infos an die Spielerinnen weitergeben“, kündigte Gerhardsson an. Damit auch Caroline Seger wieder weiß, welche Gassen sie für die perfekten Bälle wählen muss.

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