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Taekwondo gegen den Fußballgott: Maradona bei einer südkoreanischen Attacke.

© picture-alliance/ dpa

Argentinien - Südkorea: Maradona gegen Huh: Gott vergisst nicht

Beim Spiel zwischen Argentinien und Südkorea könnte eine sehr alte Rechnung beglichen werden. Ein Foul, das 24 Jahre zurückliegt, hat Diego Maradona bis heute nicht vergessen.

Für manche ist Maradona ein Gott. Sie haben ihm eine Kirche errichtet, die „Iglesia Maradoniana“, und feiern an seinem Geburtstag Weihnachten. Er selbst nährte die Gerüchte um seine Apotheose mit dem Satz, dass seine Hand göttlich sei. Und wenn nur ein bisschen davon wahr ist, haben wir eine Erklärung dafür, dass er ein derart gutes Gedächtnis hat. Denn „Gott vergisst nicht“ (Jesaja 49).

Erstaunlich ist es allemal, dass der heutige Trainer der argentinischen Nationalmannschaft sich an ein Foul erinnern kann, das schon 24 Jahre zurückliegt. Bei der WM 1986 fuhr ihm ein Südkoreaner in die Parade.

Es dürfte nicht das einzige Mal gewesen sein, dass der einst so begnadete Spielmacher umgenietet wurde. Und wohl auch nicht das schlimmste Erlebnis dieser Art. Das ereignete sich 1983, beim Spiel des FC Barcelona gegen Athletic Bilbao, als Andoni Goicochea seinen Weg kreuzte. Maradona plante gerade den tödlichen Pass, da trat der „Schlächter von Bilbao“ ihm von hinten das Wadenbein entzwei. Maradona musste ein halbes Jahr pausieren. Goicochea bewahrt noch heute den Schuh, mit dem er ihn ins Krankenhaus trat, in einer Vitrine auf.

Huh Jung-Moo würde das nie tun. Freilich: Auch er ging rustikal zu Werke, als er mit Südkorea in der Vorrunde der WM 1986 auf Argentinien traf und gegen Maradona einfach kein spielerisches Mittel fand. Mit einem Sprungtritt flog er ihm in Hüfthöhe entgegen. Übermotiviert war er und wohl auch verzweifelt ob der Aussichtslosigkeit seines Auftrags, Maradona zu neutralisieren. Über Rot hätte er sich nicht beschweren dürfen und auch nicht wollen. Dass der Schiedsrichter ihm nicht einmal Gelb zeigte, ist nicht seine Schuld.

Maradona krümmte sich minutenlang am Boden, doch er stand wieder auf, Argentinien gewann 3:1 und wurde schließlich Weltmeister. Das Foul hätte eine Fußnote der Geschichte bleiben können, verschüttet unter all den Aufstieg- und Fall-Geschichten in der Biografie des Diego Maradona.

Doch so reich sein Leben an Erfahrungen ist – der Gottähnliche vergisst nicht. Er kennt das Gesicht des südkoreanischen Trainers, gegen dessen Elf seine heute antritt: Es ist Huh Jung- Moo. Der Mann, der sich vor einem Vierteljahrhundert an ihm versündigte. „Er hat nicht Fußball gespielt“, grollte Maradona. „Er hat Taekwondo praktiziert.“ Unter dem strengen Blick des „Dios“ schlüpfte Huh Jung-Moo ins Büßerhemd: „Ich habe ihn nicht absichtlich getroffen.“ Hatte er das Foul vergessen? Oder zittert er seit 1986 vor dem Tag des jüngsten Gerichts? Heute ist er gekommen. Argentinien gegen Südkorea. Huh Jung-Moo gegen Maradona. Letzterer ein paar Pfund schwerer. Aber mit einem verdammt guten Gedächtnis. Deswegen ist er diesmal vorbereitet: „Ich habe im WM-Quartier eine Rüstung liegen.“

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