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Trainer Javier Aguirre hat klare Vorstellungen davon, wie sein Team spielen soll.

© AFP

Mexiko vor dem Eröffnungsspiel: Geliebte Generation

Sie waren jung und holten den Titel für Mexiko. Jetzt, als Nationalspieler, stehen sie unter Druck.

Es begann als Segen. Ausgelassen feierten die Menschen vor fünf Jahren am Flughafen von Mexiko-City die Ankunft ihrer Helden. Eine Ewigkeit hatten sie auf diesen Moment warten müssen, nun endlich kehrte die mexikanische Nationalmannschaft mit dem WM-Titel im Gepäck heim. Dass es sich nur um die U-17-Auswahl handelte, spielte in all der grün-weiß-roten Glückseligkeit keine Rolle. Es war ja nicht der Titel an sich, welcher die Leute auf die Straße trieb. Vielmehr feierten die Fußball-Fans den Triumph als ein Versprechen in die Zukunft. Diese Generation von Spielern, da waren sich alle einig, würde einmal mehr erreichen als alle anderen vor ihr.

Seitdem wartet ganz Mexiko. Doch Geduld zählt nicht unbedingt zu den großen Stärken der Mittelamerikaner. „Wir verfügen über den vielleicht besten, in jedem Fall aber talentiertesten Kader, den Mexiko je hatte“, sagt Nationaltrainer Javier Aguirre. „Aber der Druck ist groß.“ Wenn die „Tri“, so der Name der Nationalmannschaft in Mexiko, heute im Eröffnungsspiel in Johannesburg auf Südafrika trifft, erwarten 110 Millionen Landsleute daheim nur eines von ihrem Team: einen klaren Sieg. Der 2:1-Erfolg im Vorbereitungsspiel gegen Weltmeister Italien hat die Erwartungen fast ins Unermessliche steigen lassen. Javier Aguirre bleibt seitdem nur noch die Rolle des beschwichtigenden Spielverderbers: „Das erste Spiel gegen Südafrika wird das schwerste. Die Mannschaft ist viel besser als ihr Ruf. Dazu kommt die riesige Euphorie im Stadion. Alle werden gegen uns sein.“ Doch Aguirres Worte stoßen bei den einheimischen Journalisten auf wenig Gehör. Alles andere als der Einzug ins Halbfinale wäre für sie eine Enttäuschung.

Es hat sich eben vieles geändert seit dem Titelgewinn der U 17. Die Stars von 2005 sollen nun auch das A-Team zu Titeln führen. Gemeint sind damit Carlos Vela vom FC Arsenal und Giovani dos Santos von Galatasary Istanbul. Beide repräsentieren eine neue Spielergeneration. Früher galten mexikanische Profis als bequemlich: Weil es sich in der heimischen Liga gut verdienen lässt, unterzeichneten viele Spieler lieber dort Verträge, als sich dem Konkurrenzkampf im Ausland zu stellen. Heute spielt dagegen rund die Hälfte der Nationalspieler im Ausland.

Als Nächster folgt Javier Hernandez, das 21 Jahre alte Sturmtalent unterschrieb einen Vertrag bei Manchester United. Ablösesumme: zehn Millionen Euro. „Die Spieler gewinnen im Ausland an Qualität und Erfahrung“, sagt Aguirre. „Davon profitiert auch das Nationalteam.“ Dass viele seiner Leistungsträger wie Carlos Vela, Ricardo Osorio oder Kapitän Rafael Marquez bei ihren ausländischen Vereinen nur Ersatz sind, ist für Aguirre nicht entscheidend: „Wir haben in der Vorbereitung so gearbeitet, dass sich alle Spieler auf Wettkampfniveau befinden.“

In Mexiko zweifelt kaum jemand an Aguirres Worten. Der ehemalige Nationalspieler ist deutlich beliebter als sein prominenter Vorgänger Sven-Göran Eriksson. Der Schwede verstand die Mexikaner nicht – weder ihre Sprache noch ihre enorme Erwartungshaltung. Als die „Tri“ nach einer Reihe von Niederlagen die Qualifikation für Südafrika zu verpassen drohte, musste Eriksson gehen und Aguirre übernahm. Der 51-Jährige, der im WM-Viertelfinale 1986 gegen Deutschland die Rote Karte sah, ist bereits zum zweiten Mal Nationaltrainer Mexikos. 2002 in Asien führte er das Team ins Achtelfinale, acht Jahre zuvor in den USA war er als Kotrainer dabei. Auch damals war in der Runde der letzten Sechzehn Schluss. Ein erneutes Aus im Achtelfinale würde nun wohl selbst Aguirre den Job kosten. Auch für ihn ist der Titelgewinn der U 17 inzwischen mehr Fluch als Segen.

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