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Zwei kommen sich näher. 2008 begann die zarte Romanze zwischen Merkel und Schweinsteiger.

© dpa

Rinkes Love Letters (4): Was Angie wieder an Schweini schrieb

Den ersten Brief an Bastian Schweinsteiger schrieb Angela Merkel während der letzten EM. Immer, wenn Deutschland spielt, setzt Merkel-Ghostwriter Moritz Rinke hier die amouröse Briefeserie fort. Heute: Safari, Spritztouren und französische Sitten.

Lieber Basti,

hatte ich nicht im letzten Brief geschrieben, dass du den Elfmeter gegen Serbien schießen sollst?!

Ich guckte das Spiel bei mir im Kanzlerbüro und dachte, ich seh’ nicht richtig: Podolski?? Sofort griff ich zum ROTEN TELEFON, aber zu spät! Verschossen! Verloren! Hab’ ich eine Wut gehabt! Du hättest dir den Ball von diesem Podolski nicht wegnehmen lassen dürfen, du solltest doch schießen! Hat er dir den Ball aus der Hand geklaut? Der ist doch Halbpole, oder? Die ganze gute Stimmung im Land ist dahin! Nur wegen diesem Halbpolen, so schnell konnte ich mit dem ROTEN TELEFON ja gar nicht hinterherwählen!

Sag’ mal, war an deinem Trikot noch das Preisschild dran? Du hattest gegen Serbien die ganze Zeit so ein blaues Schild am Nacken? Wer hat dich denn so vor die Tür gelassen?Du kannst doch nicht mit Preisschild hintendran im Fernsehen auftreten! Außerdem hab’ ich deine Freundin auf der Tribüne gesehen. Auch in der „Tagesschau“ bei dir hinten drauf auf einem Motorrad. So, so! Machst du jetzt mit ihr Safari und Spritztouren anstatt zu üben für gegen Ghana?? Sarah heißt sie ja, sie wird irgendwie immer blonder, ich weiß nicht, ob das gut ist. Ich weiß auch nicht, ob es gut ist, dass sie auf der Tribüne sitzt oder auf deinem Motorrad. Gegen Australien saß sie nicht da, und wir haben gewonnen. Und gegen Serbien saß sie da – und du weißt, wie das Spiel ausgegangen ist ...

Heute gegen Ghana, Basti! Wie sich mal wieder unsere Leben ähneln! Für dich geht es heute um alles, und mir steht bald die Bundesversammlung bevor! Bei dir fehlt Klose (so ein Idiot, rote Karte!), bei mir fehlen sechs Stimmen von der FDP (auch Idioten, die müsste man auch mit roten Karten aus der Bundesversammlung werfen), aber ich kriege das schon hin. Ich rechne dir das mal eben vor: Eine Bundesversammlung hat 1244 Delegierte, ich brauch’ für Wulff 623 Stimmen. Ich hab’ sogar 21 mehr, minus sechs natürlich von diesen FDP-Idioten, macht aber immer noch 15 mehr! Also nach meinen Berechnungen 637 Stimmen! Verstanden? 1244 Stimmen geteilt durch zwei sind 622 Stimmen. 623 braucht man mindestens, ich hab’ 21 minus 6 Idioten macht unterm Strich 15 mehr. Gut, es gibt ein paar, denen ich es aus reiner Bosheit zutrauen würde für diesen Stasi-Gauck zu stimmen. Guttenberg, der Baron aus Bayern, zum Beispiel, der will sich für meine Pofalla-Sache rächen! (Ich schrieb dir doch, was ich mir mit Pofalla gegen Guttenberg ausgedacht hatte, weil ich mir denke, dass du das auch bald mal gegen diesen Müller so machen musst, denn es wird zu viel über Müller geredet und man kann nicht immer auf einen Boapeng wie bei Ballack hoffen, also nimm Pofalla!).

Zurück zu Guttenberg: Er wird heimlich Gauck wählen, weil er sowieso meinen Posten will. Seehofer, klar, die Oberwildsau. kann das mit der Kopfpauschale immer noch nicht vergessen und wählt auch heimlich Gauck. Die Obermama von der Leyen, die jetzt wohl noch ein achtes und neuntes Kind zeugen muss, bevor sie in diesem Land was Richtiges wird, die hasst mich! Ich hatte sie ja gefragt: „Ursula, willst du Bundespräsident werden?“, aber dann hab’ ich doch lieber Wulff genommen! Eigentlich geht es gar nicht um Wulff. Wulff ist ein Statist wie bei euch dieser Gomez. Meinst Du von der Leyen wählt Gauck?

Brüderle auch wegen der Opel-Sache? Mir fällt jetzt gerade Rösler ein! Ramsauer? Bei Schäuble bin ich mir auch nicht sicher. Glaubst du Schäuble verübelt mir, dass er weder Kanzler noch Bundespräsident, sondern nur Finanzminister geworden ist, obwohl’s nun eigentlich überhaupt keine Finanzen mehr gibt, also kein Geld? Ich habe, wenn ich an die Bundesversammlung denke, ein richtiges Ghana-Gefühl, Basti. Entweder es geht glatt, oder es bricht eine Katastrophe in Deutschland aus! Was ist denn bei den Franzosen los? Hast du das gehört? Da soll einer zum Trainer gesagt haben:

„VA TE FAIRE ENCULER, SALE FILS DE PUTE!“, ich hab sofort Sarkozy angerufen und gesagt: „Na, Nicolas, das sind ja Sitten bei euch! F ... PUNKT PUNKT PUNKT ... IN DEN ARSCH??! So was kommt bei uns im deutschen Sprachgebrauch gar nicht vor!! Aber mir erklären wollen, wie man seriös den Finanzmarkt reguliert!!!“

Noch mal zur Bundesversammlung. Eben kam Westerwelle in mein Büro und fragte mit seiner Nervstimme: „Frau Bundeskanzlerin, meinen Sie denn mit der Bundesversammlung geht alles glatt? Wenn nicht, gibt´s doch vielleicht NEUWAHLEN und dann????“ Weißt du, was ich gesagt habe, Basti? „Dann sind Sie arbeitslos, Guido! Sie bekommen bei Neuwahlen doch jetzt sogar weniger als die Partei Bibeltreuer Christen!“

Da saß wie bei Boapeng. Guido schlotterte und fragte nun ganz leise: „Partei Bibeltreuer Christen??? Also, weniger als ein Prozent?!?!?“ „Ja!“, sagte ich. „Vielleicht sogar unter null! Wie in Südafrika! Und nun bring mal schön deine FDP-Gurkentruppe auf Vordermann, damit es kein Serbien gibt in der Versammlung!!“ 

So, ich muss Schluss machen. Du Ghana, ich Bundesversammlung. Wir beide schaffen das, das ist meine tiefe Überzeugung. Der Ball ist rund.

Deine Angie

Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.
Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.

© Joscha Jenneßen

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